Tuesday 11 November 2008

Ich habe schon seit geraumer Zeit nichts mehr geschrieben. Bestimmt hat der digitale Wüstenwind alle meine Spuren verweht. Ich schreibe aus dem kosmopolitischem Melbourne, einer Stadt, in der ich nicht auffalle, weil es den Typus Australier hier einfach nicht gibt. In diesem bunten menschlichen Potpurri der Nationen fallen traurigerweise nur noch Aborignis auf. Ich laufe durch die Straßen, begegne Asiaten, Araber, Inder, Menschen aller Coleur. Jedoch sah ich bisher kaum die Ureinwohner Australiens. Ich möchte hier kein Vorurteil bedienen, aber bisher nahm ich Aboriginies nur als soziale Randschicht war. Ich sehe sie vereinzelt auf den Parkbänken und vor Sozialstationen betäubt und ohne Antrieb sitzen. Ich habe bisher jedoch auch nur einen minimalen Ausschnitt gesehen, da ich mich ausschließlich in Städten aufgehalten habe.
Mein Niederlassen in Melbourne stellte mich vor ganz neue Herausforderungen. Meine abstrahierende Klarsicht des verantwortungslosen Reisens musste sich an mein Leben hier anpassen. Im ersten Monat waren es ganz einfache Bedürfnisse der Sicherheit. Angefangen vom eigenen Dach über dem Kopf, über den leeren Kontostand bis zu einem planbaren Leben. Es gelang mir nicht immer in dieser Wolke von Zwängen meine innersten Bedürfnisse zu erkennen. Ich empfinde es ein wenig paradox, dass das Reisen die innere Entwicklung betont, wohingegen das Niederlassen stark durch äußere Zwänge bestimmt ist. Lässt sich alles erklären, aber das Gefühl des paradoxen bleibt.

Ihr wollt sicherlich wissen, was ich denn hier eigentlich so treibe. Ich arbeite die meiste Zeit , trainiere Capoeira mit einem super guten Mestre und versuche mich photographisch weiter zu entwickeln.
Ich könnte euch auch schreiben, dass ich jeden Morgen aufstehe, mich auf mein Fahrrad setze, 20 min zur Bushaltestelle radle, um nach 30 min Bus auf Arbeit mich in meinen Designeranzug zu quälen. Im Bus habe ich dann hoffentlich auch meine nächste Spanischlektion verinnerlicht. Spanisch hat leider nichts mit meinem Job zu tun, mache ich einfach so, um mich auf künftige Reisen vorzubereiten ;-). Der Bus bringt mich in eine völlig andere Welt. Im Positivem kann ich eine Sozialstudie durchführen und mich in empathischer Kommunikation üben, die mich dazu zwingt mehr Verständnis für mein Gegenüber zu entwickeln. Im Negativen langweile ich mich zu Tode und lasse meine Neuronen vielleicht 2 mal pro Stunde blitzen (kein Anspruch auf wissenschaftliche Überprüfbarkeit ;-) ).

Ich gehe jetzt ins Bett, bevor ich noch mehr Nonsense von mir gebe.

Thursday 4 September 2008

Angekommen in mir und in Sydney

Es ist so vieles in den letzten Wochen nach meinen Tagen der Stille geschehen. Die Meditation im Vipassana Zentrum hat meine Sicht auf die Menschheit wieder in ein positiveres Licht gerueckt. Allein die Tatsache, dass weltweit Vipassana-Zentren ohne einen kommerziellen Hintergrund nur mit Spenden betrieben werden, gibt mir Hoffnung. Die Ironie hierbei ist, dass Vipassana mir nicht die Welt durch die Welt erklaert, sondern voellig egozentriert, die Welt, durch mich selbst, erfuehlen laesst.
Die ganzen 10 Tage habe ich mich nur auf meinen Koerper konzentriert, ohne jegliche Einfluesse von Aussen, die normalerweise den ganzen Tag auf uns einprasseln. Die ersten drei Tage sass ich Stunden und habe einfach nur meinen Atem beobachtet. Es ist unglaublich schwierig sich wirklich konstant nur auf seinen Atem zu konzentrieren. Mein Geist wanderte am ersten Tag spaetestens nach einer Minute in die Zukunft oder Vergangenheit und ich musste ihn wieder auf meinen Atem lenken. Macht einfach mal den Selbstversuch und setzt euch fuer eine Stunde an einen ruhigen Platz und versucht wirklich, euch NUR auf den Atem zu konzentrieren. Praezieser, nur auf den Bereich der Nase und Oberlippe, wo der Atem vorbeizieht. Nicht den Atem kontrollieren, sondern einfach natuerlich atmen und beobachten. Diese Konzentrationsuebungen halfen mir zu realisieren, dass in mir so viele Handlungsmuster stecken, die ich nicht mehr hinterfrage. Bewusstes Leben erfordert aber das staendige Hinterfragen meiner Gedanken und Handlungen. Viele Handlungsmuster werden einfach als atomar wahrgenommen, lassen sich jedoch alle in Gefuehl und darauf antrainierte Reaktion zerlegen. Die Theorie ist einfach begreifbar, das Schwierigkeit besteht in praktischen Umsetzung im Alltag. Vipassana gibt mir ein groesseres Koerperbewusstsein, nicht im Sinne von Koerperkontrolle sondern wirklich "sich bewusst sein", und hilft dabei die etablierten Handlungsmuster zu hinterfragen. Textlich kann ich hier nur ein kleinen Teil des Erlebten widergeben. Mehr kann ich euch bei meiner Rueckkehr erzaehlen.

Nach meiner Meditation hatte ich noch eine Woche in Bangkok verbracht und bis zu meinem Abflug nach Sydney die Demonstrationen gegen die Regierung verfolgt. Es war spannend und erschreckend zu gleich hautnah dabei zu sein. Schau einfach mal auf den Zuender.
Ich konnte mich ziemlich frei durch die Menge bewegen, habe mich am Abend aber ziemlich mulmig gefuehlt, weil die Polizeikraefte mich nicht von den Demonstranten unterscheiden konnten. Ist aber alles gut gegangen und nun sitze ich wohlbehuetet bei einem Freund aus Indien in Sydney.

Der kulturelle Schock hat mich nicht stark erwischt hier, weil ich viele asiatische Gesichter durch Sydney laufen sehe. Sydney ist eine stark multikulturell gepraegte Stadt. Ich bin mit dem Fahrrad durch den Hafen und die Strassen, flankiert mit alten viktorianischen Haeusern, gefahren und fuehlte mich sehr wohl dabei. Ich kann mich ganz frei durch Sydney bewegen, ohne aufzufallen. Mich fragt auch keiner, warum ich so gut Englisch spreche (passierte in Deutschland des oefteren, natuerlich wegen meinem Deutsch, nicht wegen meinem Englisch).
Der einzige Schock sind die Preise hier, da ich gerade aus Thailand kam und mich mit drei Dollar am Tag sehr gut und sehr gesund ernaehren konnte. Hier kriege ich eigentlich nichts fuer drei Dollar, was ich als Mahlzeit bezeichnen koennte. Zum Glueck kann ich bei Abishek (indischer Freund, der hier gerade seinen Master absolviert) kochen und geniesse auch diese wiedergewonnene Freiheit.

In ein paar Tagen geht's fuer mich nach Melbourne im Auto. Ich gehe auf einen kleinen Roadtrip mit drei Leuten, die ich ueber das Internet gefunden hatte. Wird bestimmt spassig: ein Brite, ein Franzose, eine Deutsche und ich. Ich kann mich entfernt an einen Sketch erinnern, der sich genau um die ersten drei Nationalitaeten dreht. Ich komme gerade nicht auf den Komoedianten, aber die Show hiess ''Schwarzseher'. Erinnert sich einer von euch?

Nun gut, ich kehre lieber in die reale Welt zurueck und streune noch ein bisschen durch Sydney

Tuesday 12 August 2008

Fast schon zurück in der westlichen Welt

Ich bin zum 4. Mal wieder in Bangkok auf der Durchreise zu meinem letzten Ziel hier in der östlichen Welt. Der Monsunregen prasselt unentwegt hier auf den Straßen, überflutet die Bürgersteige in sekundenschnelle und verschwindet auch so schnell wie er gekommen ist, um nach einer halben Stunde sofort wieder das Straßenbild bei seiner Rückkehr komplett zu verändern. Diese schnellen äußeren Veränderungen kommen und gehen, werden ein Teil des Altags hier. Das Reisen ist mein Altag, den ich mir selber frei gestalten kann.
Diese Freiheit werde ich morgen aufgeben. Ich werde für zehn Tage strengen Regeln folgen und dadurch vielleicht Dinge über mich entdecken, die mir bisher verborgen waren. Jeden Morgen wird die Glocke um 4 Uhr morgens läuten, mich aus meinem harten Bett rufen und unter die Dusche schicken. Was folgt ist ein Tag gefüllt mit Meditation und kurzen Unterbrechungen für das Frühstück und Mittag. Das Mittag ist die letzte Mahlzeit, abgesehen von einer Kaffepause um 4. In den Pausen und sowieso während den Meditationen wird nicht gesprochen. Es werden einige Hinweise gegeben, die den Fokus nochmals auf sich selbst legen. Sinn und Zweck des ganzen ist sich selbst, fast losgelöst von allen äußeren Einflüssen begegnen zu können.
Diese formalen Regeln sollen nicht schwer zu verkraften sein. Die wirkliche Herausforderung ist die Konfrontation mich sich selbst, den umherschweifenden Gedanken, die in unserem Bewusstsein eigentlich niemals stillstehen. Ich bin schon sehr gespannt auf diese neue Reise, auch wenn - oder vielleicht zum Glück - sie nur für zehn Tage sein wird.
Ach ja, das Ganze wird als Vipassana bezeichnet und ist Teil der buddhistischen Tradition, die vor 2500 Jahren vom Buddha "entwickelt" wurde. Heute ist Vipassana weltweit verbreitet, offen für jeden Menschen und jede Religion und finanziert sich nur mit Spenden.

Sunday 6 July 2008

Verloren im Urwald von Kambodscha

Ich habe das Abenteuer gesucht, eine Steigerung des erfahrbaren Lebens, meiner persönlichen Grenzen und letztendlich auch gefunden. Nur nicht so, wie ich es mir gedacht hatte. Ich bin jetzt wieder in der Zivilisation, sitze in einem Café mit drahtlosem Internetanschluss in Siem Reap und versuche das erlebte in Worte zu fassen, es zu verarbeiten.
Alles begann mit großer Euphorie und Naivität. Ich bin durch den Kambodschaguide gegangen und habe mich darüber gewundert, dass über den Norden Kambodschas nicht berichtet wird. Also beschloss ich gemeinsam mit Rena einen Motorradtrip durch den Norden Kambodschas zu machen, um Kambodscha ein wenig authentischer zu erfahren. Wir mieteten uns also ein Motorcrossmotorrad, um auf alle Eventualitäten im Monsun gewappnet zu sein. Natürlich spielte auch meine kindliche Neugier mit einem Motorcrossbike durch Wald und Wiesen bzw. durch Dschungel zu fahren, eine ziemlich große Rolle.
Die ersten Tage waren ein typischer Roadtrip entlang der „Süd-Nordautobahn“, die Kambodscha mit Laos verbindet. Dementsprechend tat mir nur der Arsch weh, weil ein Motorcrossbike nicht für Langstreckenausflüge ausgelegt. Designprämisse eines Motorcrossbikes ist die Fahrt durch unebenes Gelände, bei dem der Arsch eh nie mehr als 5 Minuten am Sattel klebt. Nach 3 Tagen waren wir im Norden angekommen, tankten nochmal voll, weil die Karte nach der Überquerung des Mekongs nur noch eine kleine Straße mit vereinzelten Dörfern verzeichnete, in denen es wohl schwierig sein würde Superbenzin zu erhalten.
Die Flussüberquerung war schon sehr abenteuerlich, weil es keine richtige Fähre, sondern nur umfunktionierte Fischerboote gab, die uns auf die andere Seite brachten. Es war dann auch nicht sehr verwunderlich, dass ich dann auch für die nächsten 5 Tage kein Auto mehr sehen würde.
Am anderen Ufer suchten wir vergeblich nach einer Straße. Hier nicht im Sinne einer schönen asphaltierten Straße, sondern im Sinne eines Doppelweges, der planiert wurde. Letztendlich wiesen uns die Dorfbewohner einen kleinen einspurigen Pfad entlang, den ich normalerweise als Wanderweg zu Fuß begehen würde, aber den ich nicht auf einer Kambodschaübersichtskarte als Straße verzeichnet vermuten würde. Wir folgten mehr oder weniger dem Weg, aber vielmehr unserem Kompass und schafften es erstaunlicherweise uns die ersten zwei Tage von Dorf zu Dorf zu hangeln. Ohne ein Motorcrossbike wären wir schon lange verloren gewesen. Ihr müsst euch einen einspurigen Ackerweg im Regen, um geben von Urwald, vorstellen. Wir sind also konstant durch Wasserlöcher gefahren, zogen das stecken gebliebene Motorrad aus dem Schlamm, waren von oben bis unten mit Schlamm bedeckt und lernten ziemlich schnell durch ½ m tiefe Flüsse zu fahren. Je länger die Fahrt dauerte, desto mehr wollten wir nur raus aus dem Urwald. Wir legten pro Tag vielleicht 50 km durch den Dschungel zurück, mehr war einfach nicht möglich. Glücklicherweise trafen wir auf sehr freundliche Dorfbewohner die uns ein Dach über dem Kopf gaben und ein wenig zu Essen und Trinken.
Jedesmal wenn wir dachten, dass der Weg nicht schlimmer werden könnte, fanden wir mehr Schlamm, größere Wasserlöcher oder noch mehr umgefallene Bäume, die wir umfahren mussten. Der Höhepunkt des falschen Optimismus war dann die Flussüberquerung am 3. Tag, die über eine Holzbrücke aus lose hineingelegten runden Baumstämmen bestand. Rena ging zu Fuß über die „Brücke“ auf der ich wenig später ins Wasser fiel, weil die Baumstämme sich auseinanderbewegten. Das Motorrad sank komplett unter Wasser und wir konnten es nur mit größter Mühe aus dem Fluß ziehen. Der erste Startversuch war ohne Erfolg. Wir hatten kein Werkzeug um den Motor zu öffnen, geschweige denn um die Zündkerze zu wechseln. Zweites Problem war die sehr altersschwache Batterie, die nur 2 Startversuche zuließ. Bei unserem Motorcrossbike gab es auch keinen Kickstarter, weshalb wir ohne äußere Hilfe nicht mehr weiterkamen. Wir standen also mitten im Urwald, hatten kein Möglichkeit das Motorrad zum laufen zu kriegen und beschlossen bis zum nächsten Dorf zu laufen. Wir schoben das Motorrad noch ein kleines Stück weiter, schlossen es doppelt ab und liefen los. Wir liefen noch eine Stunde nach Sonnenuntergang und sahen dann ein, dass es keinen Sinn machte im Dunkeln zu laufen. Ohne Nahrung und ohne Trinken ließen wir uns auf dem feuchten Boden des Waldes nieder. Zum Glück hatten wir eine Taschenlampe und ein Feuerzeug. Der Urwald ist beständig feucht und wir verbrannten den Reiseführer um das Feuer zu starten und Holz über dem Feuer zum weiteren verbrennen zu trocknen. Letztendlich war der Reiseführer doch noch zu was gut in dieser Gegend ;-)!
Wir hatten riesige Paranoia vor wilden großen oder giftigen kleinen Tieren, weshalb wir im Zweistundenrhytmus Wache schoben. Einer kümmerte sich ums Feuer und der andere konnte schlafen. Neben diesem außerordentlichen psychischen Stress kam der Hunger, aber vielmehr noch der Durst hinzu. Uns gingen ständig Überlegungen durch den Kopf wie lange ein Mensch ohne Wasser und ohne Essen überleben kann. Wir versicherten uns gegenseitig, dass wir mindestens 7 Tage ohne Wasser auskommen könnten.
Am nächsten Morgen waren wir beide heilfroh noch am Leben zu sein, vor allem, weil wir in der Nacht Motorräder vorbeifahren hörten. Wir liefen nochmal zurück zu einer Gabelung am Vortag und liefen weiter westlich auf dem anderen Pfad. Unser Durst erhöhte sich drastisch, weshalb wir einfach für die Motivation Wassertropfen von Blättern leckten, ohne zu wissen, ob wir uns dadurch irgendetwas zuzögen. Am Mittag trafen wir endlich auf zwei Jäger, die mit dem Motorrad unterwegs waren und hofften auf ihre Hilfe. Sie deuteten nur an, dass wir 2 km von einem Fluss entfernt seien. Mein Geist phantasierte von Fruchtshakes, die ich noch vor ein paar Tagen genüsslich trank. Als wir am Fluss ankamen, stürzten wir zum Wasser und tranken 30 Minuten lang, um unseren dehydrierten Körper wieder etwas Energie zuzuführen. Es war uns ziemlich egal oder vielmehr hatten wir keine Wahl, ob wir abgekochtes Wasser trinken oder nicht. Es war unglaublich wie stark das Wasser meinen Körper wiederbelebte. Ich konnte förmlich mit jedem Schluck die Revitalisierung spüren. Zum Glück hatte ich meinen wasserdichten Sack für meine Kamera dabei, den wir als Wassersack umfunktionierten.
Ein paar Stunden spaeter trafen wir auf sehr komische Mönche, die rauchten, nicht lachten, kein Englisch sprachen und sich sonst auch eher wie Banditen benahmen (Alle Mönche die ich bisher auf meiner Reise traf, sprachen Englisch, lachten überaus viel und rauchten nicht.). Den restlichen Weg unseres Fußmarsches drehten wir uns abwechselnd um, um zu schauen ob sie uns nicht folgten und überfallen würden. Unsere Sinne und unsere Geister waren vollkommen auf überleben fokussiert, vielleicht schon auf einem paranoiden Level, aber jede Merkwürdigkeit erhielt unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.
Die folgende Nacht erreichten wir zum Glück die EINZIGE Hütte weit und breit. Der alte Herr sprach Vietnamesisch, war jedoch, aufgrund der vietnamesischen Besatzung nach 1979, nicht sehr erfreut Vietnamesisch zu sprechen. Dennoch ließ er uns bei sich schlafen, gab uns Reis zu essen und ließ uns Wasser abkochen. Er konnte uns auch einen kleinen Hinweis darüber geben wo wir waren oder zumindest wie weit das nächste Dorf entfernt war, weil unsere Karte sich als total unbrauchbar herausstellte. Am nächsten Morgen gab er uns noch Reis zum Frühstück, wir bedankten uns herzlichst und machten uns auf zum 10 km entfernten Dorf „Sok Cha“
Glücklicherweise trafen wir auf einen relativ netten Polizisten, der uns gegen Bezahlung zum Dorf fuhr. Die nächsten drei Tage verbachten wir in dem Dorf, um Menschen zu finden, die uns helfen konnten das Motorrad aus dem Dschungel zu holen. Bei Verlust hätten wir 1800 Dollar bezahlen müssen. Die Dorfbewohner durchsuchten förmlich unsere Rucksäcke, auch und vor allem, wenn wir sie nicht im Auge hatten. Fragten uns ständig, ob wir CD-Player oder Kameras hätten, was wir verneinten. Wir waren immer noch im Zustand des absoluten Überlebenswillens und sehr Misstrauisch, was sich im Nachhinein als sehr richtig erwies. Welcher Dörfler fragt einen schon direkt nach „CD Player, Kamera, Mister?“ ??? Wir wurden wie Attraktionen im Dorf vorgeführt und von unserer „Gastgeberin“ als Profilierungsmittel benutzt. Sie sprach etwa 5 Wörter Englisch und machte allen weiß, dass sie Englisch spräche. Stellt euch jemanden vor, der die folgenden Wortgruppen 12 h am Tag zu euch spräche, absolut kein Witz und eher untertrieben:
„I am breakfast“ „Where do you go mister“ „I am wash“ Sie konnte nicht konjugieren und wiederholte einfach immer wieder die gleichen Worte, auch wenn wir ihr tausend Mal sagten, dass wir sie nicht verstünden. Andere kommunizierten in Zeichensprache, was ziemlich gut funktionierte, aber sie wollte ihre Position im Dorf und vor allem vor ihrer Mutter erhöhen. Letztendlich fanden wir einen Mechaniker und ich fuhr mit einem, dem Englisch mächtigen, Kambodschaner, dem Mann unserer Gastgeberin und dem Mechaniker 4 Stunden auf zwei Scootern zum Platz wo wir das Motorrad stehen ließen. Dort angekommen erwischte ich zwei Jungen mit ihren MÜTTERN wie sie das Motorrad klauen wollten. Sie hatten schon das Schloss an der Kette entfernt und hatten versucht das Lenkerschloss zu knacken, was darin resultierte, dass mein Schlüssel jetzt auch nicht mehr ins Schloss passte. Der Mechaniker versuchte die ganze Nacht das Motorrad zu reparieren, baute das Lenkerschloss aus, schloss es kurz, aber alles leider ohne Erfolg.
Am späten Morgen schnitten wir eine große Liane ab und schleppten das Motorrad ab. Kambodschaner arbeiten sehr ungerichtet und machen ständig pausen zu den unpassendsten Momenten. Als wir ungefähr 10 km vom Dorf entfernt waren, erhöhten sie ihre Pausenfrequenz enorm. Ich sagte dem Englisch sprechenden Kambodschaner, dass Rena sich große Sorgen machen würde, weil wir eigentlich schon gestern zurück sein wollten, aber er ignorierte es einfach. Als dann auch noch zwei Jäger mit einem Toten Reh vorbei kamen und sie einen Rehschenkel von ihnen kauften, um ihn gleich vor Ort zu braten, musste ich mich sehr zusammen reißen um nicht zu explodieren. Ich fragte ihn, warum sie es nicht mit ihren Frauen teilen wollten, die nur 10 min entfernt sind? Er log mir direkt ins Gesicht, dass wir Pause wegen den Motoren machen müssten und ich gab ihm zu verstehen, dass er mich anlüge, jedoch kehrte er sich nur ab und sagte nichts mehr. Wir hielten sonst nur für eine Minute um die Motoren ein wenig zu kühlen.
Letztendlich kam ich völlig entnervt endlich in dem Dorf mit dem Motorrad an und wollte nur noch so schnell wie möglich weiter und das nächste 20km entfernt gelegene Dorf erreichen, indem es wieder Autos gab, die uns zu einer Stadt bringen konnten. Ich bezahlte jedem 10 Dollar und als der englischsprechende Kambodschaner, der am wenigsten getan hatte, auch noch 50 Dollar verlange, platze mir der Kragen. 10 Dollar verdient die Familie vielleicht in zwei Wochen, weil sie in dem kleinen Dorf relativ autark leben und fast ausschließlich für sich selber anbauen. Es kam alles zusammen, der Psychoterror der „Gastgeberin“, das Wühlen in den Sachen, das fragen nach Kamera und CDPlayer und das doppelgesichtige Verhalten der Dorfbewohner. Sie lachten fast immer, aber ich verstehe das Lachen jetzt als die Fassade der kambodschanischen Gesellschaft. Es geht darum sein Gesicht zu waren, egal worauf man trifft. Ich hatte davon gelesen, es aber nicht wirklich verstanden, als Haing Ngor (Darsteller vom Film „The killing fields“) es in seiner Autobiographie beschrieb.
Letztendlich bin ich sehr froh dort lebend raus gekommen zu sein, das Motorrad wieder zurückgegeben zu haben und viel gelernt zu haben. Ich habe meine Grundbedürfnisse durch das Reisen schon auf ein Minimum zurückgeschraubt, aber die letzte Zeit ließ mich hautnah fühlen, dass ich nur eine Unterkunft, einfach nur Wasser und ein wenig zu Essen zum Ueberleben brauche. Als mentales Modell war mir dies schon vorher klar, es jedoch wirklich zu erfahren, hat sich in mir eingebrannt.
Ich habe noch Vieles ausgelassen und einiges zusammengefasst um den Eintrag nicht zu lang zu machen. Mein letzter Gedanke hierzu betrifft das Privileg eine Versicherung zu besitzen. Ich hatte einige Wunden von dem Marsch, die sich entzündeten und hohes Fieber ausloesten, weshalb ich hier in ein internationales Krankenhaus ging. Dort säuberten sie mir die Wunden, untersuchten mich von oben bis unten und bescheinigten mir eine bakterielle Infektion durch meine Wunden, aber keine Malaria. Antibiotika und einige andere Pillen wurden mir verschrieben, die hoffentlich dann auch den Abschluss des Erlebten bedeuten. Der ganze Spaß kostete mich fast 400 €, die ich zum Glück von meiner Versicherung in Deutschland zurück erhalten werde.
Schlußfazit also ist: ein wenig Planung und gesundes Mißtrauen sind nicht schlecht zum überleben während des Trips und eine Krankenversicherung ist sehr wichtig nach dem Trip!

Saturday 7 June 2008

Photoausstellung Saigon

Ich bin jetzt seit fast 2 Wochen in Saigon, der pulsierenden Wirtschaftsmetropole Vietnams. Meine Eindrücke und Gedanken nach 8 Jahren hierher zurückzukehren, fanden ihren Weg in meine erste Photoausstellung im SOZO (http://sozocentre.com), einem Café im Herzen Saigons, dass seinen Profit Hilfsprojekten zur Verfügung stellt.
Die Ausstellung ist zweigeteilt, in einen Saigon Impressionen Teil und einem Teil, der meinen Besuch bei dem Altenheimhilfsprojekt wiederspiegelt. Ihr könnt die Photos der Ausstellung betrachten, wenn ihr folgenden Links folgt: Saigon Impressionen oder Altenheimprojekt

Ich hatte noch keine Zeit den Beschreibungstext der Photos ins Deutsche zu übersetzen, hier also vorerst die englischen Fassungen für den Saigon- und Altenheimbesuchteil. Wenn sich ein freiwilliger findet sie zu übersetzen, wäre ich sehr dankbar ;-)

Impressions of Saigon


It has been 8 years ago since I've been back in Vietnam and I could barely recognize the streets which once had been so familiar to me. I was travelling from the far north to south until I reached Saigon (HCMC) where the changes are evident in each corner I turned. Everyday life was still on the streets. Numerous street kitchens, mobile food vendors and people having their breaks anywhere possible still depict the way of Vietnamese urbanisation, however there were new flavours - some delicious, some bitter – simmering in the melting pot of Saigon. Walking through Saigon I could not miss the signs of wealth and consumption. Big advertisement in front of shiny skyscrapers trying to tell me what I need to enrich my life. Ludicrously expensive shops, where I was not even allowed to photograph in front of the shops, provide luxurious products for tourists and wealthier Vietnamese. The economic success and the personal wealth liberated a part of Vietnamese society from the struggle to survive. I hope that people take on their responsibilities towards our society and environment since they have the power to make changes. In my opinion it seems to be difficult to grow the awareness towards society and environment of people who struggle to survive; paradoxically I have the impression that it is even worse with the richer part of society. I saw German style litter bins next to Vietnamese waste collecting carts, which are pushed by woman who sweep the streets. There's nearly no need for a recycling system because people sort the waste in search for material - aluminium, plastic, paper - which they could sell to big companies to make a living. I know that my folk are very concerned with their personal environment and the air pollution, thus you encounter people on motorbikes who wear mouth covers. I am concerned that it is solely on an individual level and not a concern for the whole environment. The Vietnamese government “educates” people through their own kind of signs. Fading HIV advertisement have today an artistic value but no real impact on Vietnamese youth, who barely know anything about AIDS. The presence of media is everywhere but I haven't seen any Vietnamese AIDS ads in TV. It would increase the awareness largely since the television is running most of the day in Vietnamese homes. Next to a huge construction site for yet another skyscraper I would find another evidence for change. The traditional Rickshaw driver is replaced by new transportation – such as “Xe Om” (Motorbike cabs), buses, taxis – and still exists only to please the tourist who likes to experience a different way of transportation. It is even forbidden for Rickshaws, but not for bicycles, to drive on main roads in Saigon because the governor likes to show a modern Saigon. The contrast is even more evident as I was waiting for a Rickshaw driver to pass in front of a shiny hotel with a porter. Saigon is definitely not the place for the tourist who seeks for an untouched place in Vietnam. He is welcomed with western style cafés and bars which have perfectly accommodated to tourism. The gentleman in shorts was even not bothered by street vendors approaching him every 2 minutes and developed a counting game while he was sunbathing. He told me that he counts how often he refuses the offers of one vendor. At the point of writing his record is seven refusals. It was quite entertaining to observe him counting and even more funny as he requested the country of origin from any tourist passing him. I do not condemn tourism, I see that it is a way to help people to help themselves and I hope that there will be more projects like “SOZO” which return the profits to the people in need.

The elderly home project

I was visiting one oft the two elderly home, a social project run by Vietnamese students, in July 2008. Every two weeks a group of 10 to 15 students gather and bring some presents - such as fruit or milk - to one of the elderly homes. They assist the staff in practical things such as preparing the lunch, however their highest merit is spending time with the elderly people by sitting next to them and listen to their talks as well as telling them stories of their lives. The visit left me with an ambivalent feeling. On the one hand I was overwhelmed by the warmth of the elderly people and their gratitude towards the students, because they met the elders needs of communication and interaction. Solely being with them and conversing on a regular basis helped to increase their confidence to live. On the other hand I was sad because I saw their physical and mental suffering. Speaking to them revealed that most of their relatives had passed away and their remaining children were not able to support them. Thus there would be seldomly anybody who visits and socialises with them. More visible signs of affliction is their physical pain caused by lying wounds or untreated diseases. Technically it would be feasible to treat the diseases, however there is a lack of funds to pay for the necessary operations.
If you are not constrained by time just stay another day and get in touch with the SOZO staff and their projects. It's worth for you and for the elderly to purchase one of the jewellery which are unique items made by the community. I am grateful that you already make a change by eating here and I hope that you will spread the word.

Monday 19 May 2008

Stoppen um zu shoppen

Ich habe es gewagt wieder in einen Touristenbus zu steigen, nachdem bei einem Preisvergleich der Bus als billigen Gewinner herauskam. Die veranschlagten drei Stunden Fahrt von Hue, in der Mitte Vietnams, nach Hoi An klangen auch vernünftig und so buchte ich das Ticket, stieg Morgens in den Bus, indem ich sogar zwei Plätze für mich allein hatte. Der Bus fuhr zunächst durch ganz Hue, um alle möglichen Hotels abzuklappern und Passagiere einzusammeln. Nach einer Stunde war ich immernoch in Hue und sank schlafend in meinen Sitz. Dann machte sich der Bus endlich auf den Weg und verließ die Stadt. Eine Stunde später hilet der Bus und machte den ersten von drei Zwischenstops. Ihr könntet jetzt denken, dass der Busfahrer sehr verantwortungsbewusst ist und pausiert, um nicht übermüdet zu sein, aber ihr seit euch darüber bewusst, dass ich in Vietnam bin, weshalb ihr diesen Gedankengang auch schnell als absurd verwerft. Stoppen um zu shoppen erklärt mir dieses Sonderangebot und die letztendlich fünf Stunden andauernde Fahrt, um 130km zurück zu legen. Besonders war die Fahrt allerdings und ein Angebot auch, jedoch ein schweigsames, wenn gar trügerisches.
Hoi An ist schön, malerisch und völlig auf den Touristmus eingestellt. Trotzdem fühle ich mich hier wohl und empfinde es nicht mehr allzu schlimm. Habe diesen Umstand des Reisens jetzt akzeptiert und versuche das Beste daraus zu ziehen.
Es ist Vollmond, die Altstadt ist erleuchtet in zahlreichen Farben durch die unzähligen Papierlaternen. Die Straßen sind gefüllt mit Menschen, nicht nur Touristen, die sich durch die Gassen der alten Gebäude treiben ließen. Ich genoß es den Theatervorführungen beizuwohnen, der traditionellen Musik zu lauschen und einfach nur Menschen zu beobachten. Kindliche Spielereien von pubertierenden Jugendlichen, in Schach und Zigaretten vertiefte Herren und ein einsames Pärchen mit seinem Bootsführer ließen mich Geschichten in ihnen sehen. Die Geschichte des Pärchens war eher offensichtlich, aber nicht desto trotz sehr romantisch anzusehen. Er kniend vor ihr, sie tief in seine Augen blickend zuhörend und der folgende Kuss mit zarter inniger Zweisamkeit zwischen schwimmenden Papierlaternen wird wohl einer ihrer schönsten Erinnerungen sein. Kitschig schön.
Die schachspielenden Herren waren vielleicht Statuen die jeden Abend dort standen und sich schon seit Jahren selbst aufbauten, wahrscheinlich schon lange vor meiner Geburt ihr Ritual wiederholten. Kein Wort wurde gewechselt, alles wurde in den Jahren gesagt, die schiere Vielfalt möglicher Schachpartien lässt die Statuen noch ein weiteres Jahrtausend weiterspielen, jeden Abend von neuem ein Teil ihrer Weltschachgeschichte schreiben.
Mmh, es ist schön mit neuem Antrieb zu Reisen und auch wieder besser mich mit den Menschen zu verbinden. Ich habe ein neues Projekt, das ich verfolge. Um den belanglosen Gesprächen zu entkommen, frage ich Menschen zur Zeit was Freiheit für sie bedeutet. Es geht mir weniger, um einen philosophisch, politischen Diskurs, vielmehr um das persönliche Empfinden jedes Einzelnen. Mein Ziel ist es diese Gespräche zu einer Photoserie zu verarbeiten, nicht die Menschen zu photographieren, sondern zu versuchen ihre Gefühle, Auffassungen durch eine Photographie darzustellen. Es ist ein bisschen passiv hier zu schreiben und vereinzelt Kommentare zu lesen (kein Vorwurf, ich würde auch nicht ständig in meinem Blog kommentieren ;-) ), also jetzt mal ne ganz aktive Bitte, schreibt mir, diskutiert mit mir und mit euch, was Freiheit für euch bedeutet. Kann ja alles ganz anonym sein, muss sich also keiner schämen.

Saturday 10 May 2008

Reisen um wieder zurück zu kommen

Nach einer 13 stündigen Fahrt in verschiedenen Bussen bin ich jetzt wieder in Hanoi angekommen und muss mich wieder an eine völlig andere Mentalität gewöhnen. Laos war sehr ruhig, die Menschen gelassener und weniger aggressiv in den "Verhandlungen". Hier in Hanoi muss ich wieder knallhart um jeden Preis fälschen und ich spüre einen permanten Druck in mir aufkommen. So vergaß ich den Preis für mein Mittag im vornherein auszuhandeln und war der Willkür des Verkäufers ausgeliefert, der mir doch glatt das 4fache des normalen Preises abverlangen wollte. Nach zähen Verhandlungen gab ich ihm den halben Preis, den er verlangte, und machte mich auf und davon.
Es fasziniert mich, dass solch starke kulturelle Unterschiede zwischen Laos und Vietnam existieren, obwohl beide Länder flächenmäßig ein Land sein könnten. Laos würde ich mit: "Was du morgen kannst besorgen, dass verschiebe auf übermorgen." zusammenfassen, wohingegen Vietnam in meinen Augen eher mit "Was du heute kannst besorgen, dass erledige sofort." charakterisiert werden könnte.
Es war aber dennoch ein gutes Gefühl wieder nach Hanoi zurückzukehren, weil in diesem scheinbaren Chaos doch alles sein Platz hat und zu funktionieren scheint. So wurde ich einfach mal in einen anderen Bus gesteckt, weil ich der einzige Passagier nach Hanoi war, um Benzin zu sparen. Wäre dies wohl in Deutschland möglich einfach mal den gebuchten Bus nicht fahren zu lassen? Ich reise zur Zeit allein, falle kaum noch auf und bewege mich fast unbemerkt durch die Massen. Ich empfinde es auch als angenehm hierher zurückzukehren, weil ich alles mit Leichtigkeit bewältigen kann, ohne wirklich viel über Orientierung und Preisrelationen nachzudenken.
Ich habe ein seltsames Gefühl, wenn ich mich dabei beobachte, wie ich meinen Lebensstil aus Berlin auf Hanoi projeziere. Ich suche mir ein Café, weil ich dort Internetanschluss habe, trinke vietnamesischen Kaffee und lese englische Bücher. Ok, zwischendurch gehe ich noch zum Yoga, esse mein Mittag, bestehend aus gebratenem Tofu und Reisnudeln, in einer der Straßenküchen und komme Abends zum Essen mit meinen Großeltern zurück, jedoch sind die Parallelen nicht zu übersehen. Was macht das Reisen für mich noch aus? Ich empfinde das Reisen jetzt als mein Leben und kehre stark in meine alten Lebensmuster wieder. Ich bin mir nicht ganz im Klaren, ob ich es wirklich möchte. Ich bin immernoch aufnahmefähig, aber das Fremde des Reisens ist Normalität geworden und löst nicht mehr das Gefühl der Faszination aus. Ich komme langsam zu dem Schluss, dass Städte in sich sehr ähnlich sind und deshalb mich weniger aufrühren. Jede Trekkingtour oder jeder Biketrip durch die Natur und Landschaften erfüllte mich stark mit dem Gefühl der Faszination. Ich beginne gerade meine Art des Reisens wieder neu zu erfinden, um mir wieder mehr Sinn für das Reisen, also mein jetziges Leben zu geben. Mmh, bleibt doch alles gleich, ob ich nun Reise oder an einem Ort lebe, es hängt alles nur von mir und meiner Sicht auf die Dinge ab. Ich reise Tausende von Kilometer, um doch wieder bei mir anzukommen. Ich fühle, dass es der Kernpunkt meines Reisens ist.

Tuesday 15 April 2008

Einsames Laos

Ich bin seit einer Woche wieder auf Reisen und habe mich durch den Norden Vietnams gehangelt, um in der Nähe von Dien Bien Phu über die Grenze nach Laos einzuwandern. Ich bin mit Rena weitesgehend ohne Reiseführer (Buch) gereist und auf blauen Dunst an der Grenze zu Laos auf einem Xe Om (vietnamesisches Motorradtaxi) angekommen. Auf der Fahrt kamen uns vielleicht 2 Motorräder entgegen, was uns ein bisschen skeptisch machte, ob dieser Grenzübergang überhaupt offen ist, da uns gesagt wurde, dass der Grenzübergang erst vor kurzem wieder offen für den internationalen Tourismus sein sollte. Wir kamen an einer noch im Bau befindlichen Grenzstation an und liefen mit zwei vietnamesischen Pärchen und einer kleinen Laosfamilie über die Grenze.Die Familie war mit einem Truck unterwegs und der Vater bot uns an in seinem Truck bis zum nächsten Dorf für horrende 20€ mitzunehmen. Dies lehnten wir natürlich ab. Schon mit dem Gedanken spielend 40 km zu laufen und im Freien zu übernachten, kam uns eine vietnamesische Eisverkäuferin auf ihrem modifizierten Motorrad entgegen und bot uns an für 6€ zum Dorf zu fahren. Sie lebt in Dien Bien Phu und fährt jeden Tag 160km um Eis in Laos zu verkaufen, da es sich dort mehr rentiert. Ich saß hinten auf einem Metallgitter, spürte jeden Huckel an meinem Hintern und genoß die wunderbare Fahrt durch die Berge. Staubige Straßen, die in Deutschland als Feldweg auf Landkaretn markiert würden, und 1m breite Bambusbrücken waren kein Hinderniss für die trainierte Eisverkäuferin. Wir vertrauten ihr und verhielten uns so ruhig wie möglich, um nicht in den Fluß zu stürzen.In Laos stoße ich wieder ein wenig Kommunikationsschwierigkeiten, kann mich aber mit einem Mix aus Vietnamesisch und Englisch dennoch recht gut verständigen.Ich merke hier wie stark ich von der Stadt Hanoi gesättigt war und mich in den Bergen Laos erhole. In der Stadt wurde ich mit Ablenkungen bombadiert und fühle mich hier in den Bergen wieder frei zu atmen.

Friday 28 March 2008

Persönliches Vietnam

Ich sitze im dritten Stock des „Papa Joes Coffee“, schlürfe meinen vietnamesischen Kaffee mit süßer Kondensmilch und blicke auf den „Hoan Kiem“ See im Herzen Hanoi's. Neben mir sitzt ein vietnamesischer Designer, der in Photoshop einen Entwurf coloriert und sich gar nicht von der amerikanischen Soap aus dem hoch hängenden Fernseher stören lässt. Ich bin mit der ganzen Welt durch meinen drahtlosen Internetanschluss und meinem Laptop verbunden.
Ich höre bewusst und nehme jetzt das Hupkonzert wieder war, das ich normalerweise nicht mehr wahrnehme, weil es zu gewöhnlich geworden ist.
Nach fast 9 Jahren bin ich wieder nach Vietnam zurück gekehrt und sehe ein ganz anderes Vietnam, weil sich vordergründig, zum einen Vietnam sich stark geöffnet hat, sich auf den Tourismus eingestellt hat und zum anderen ich mich weiterentwickelt habe und einen anderen Blick auf Menschen, Familie und Land gewonnen habe. Sehr ausschlaggebend für das Begreifen Vietnams waren meine 6 Monate in Indien, in denen ich mich als Individuum emanzipieren konnte, weil ich auf viele verschiedene Leben und Sichtweisen traf, die mich wachsen ließen und mir Vertrauen, durch mich, in die Welt gaben.
Ich erfahre Vietnam auch intensiver, weil ich es selbst erkunde und mich nicht nur auf den Rahmen meiner Familie und meiner Herkunft verlasse. Ich kehre an viele Orte Ha Noi's zurück, bemerke die wechselnden Gesichter der Touristen und werde mir bewusst, dass ich hier lebe und nicht nur Station mache.
Ich fühle mich wohl, weil ich es hier schaffe meine Welt nach meinen Gedanken und Bedürfnissen zu gestalten, obwohl ich die familiäre Verantwortung spüre, die in der vietnamesischen Tradition das Leben des Einzelnen stark bestimmt. Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass nicht alles so verläuft, wie ich es mir wünsche, aber ich meine Sicht erweitert habe und mich in der Lage fühle flexibler auf Probleme und Hindernisse zu reagieren.
Vor Beginn meiner Reise beschäftigte mich die Frage der Heimat sehr stark, da ich in mir selbst sehr unsicher war und im Konzept Heimat meine Sicherheit suchte. Mit dem Fortschreiten meiner Reise und dem Fortschreiten meiner inneren Entwicklung geisterte diese Frage immer noch in meinem Kopf herum, aber löste sich im Vertrauen zu mir selbst. Ich fühle mich nur ein wenig komisch, wenn ich durch Länder Reise und die Menschen mich aus einer anderen Region der Welt wägen, weil sie durch mein Äußeres oder durch meine Sprache mich nicht einordnen können. Ein besonderer Mensch schrieb mir mal ein Zitat, was besagte: „Ich bin ich und du bist du“. Diese kurzen Worte spiegeln sehr schön mein Verhältnis zu Menschen und vor allem zu mir selbst wieder.

Sunday 9 March 2008

Kontrastreicher Wechsel

Ich sitze jetzt in der Metropole Bangkok, die mich vor eine völlig andere Welt setzt. Ich bin Nachts um 12 aus Pondicherry mit meinem total unfreundlichen Ticketkontrolleur nach Chennai gefahren und ließ zum letzten Mal das Flair Indiens an mir vorbeiziehen. Der typisch indische Bus, gefüllt mit Tamil und ihrer strengen Sitzordnung, die standardisierten Fragen meines Sitznachbarn und der Selbstmord gefährdete Busfahrer lassen mich nochmal ein Highlight Indiens spüren. Es geht vorbei an Palmen, Meer und Dörfern, deren Häuser und Reklametafeln Spuren in meinem Gedächtnis hinterlassen werden. Ich bin mir wieder der indischen Sinnesüberflutung bewusst, die sich besonders stark auf meinen Geruchssinn auswirkt. Jeder Atemzug fügt eine neue Nuance zu dem Geruchsbild hinzu, das sich 10 Mal größer als ein berliner Geruchsbild anfühlt. Ich schlafe kurz ein und wache verwundert am Busbahnhof in Chennai wieder auf, da mir der Ticketkontolleur nicht bescheid sagen wollte oder es einfach nicht verstanden hatte, dass ich an der Flughafenstation aussteigen wollte. Indien will mich wohl nicht so leicht entlassen und verlangt von mir um 3 Uhr Nachts mich auf einen Rikschafahrer einzulassen, der noch zwei weitere Passagiere neben mich und meinem Gepäck quetscht. Endlich auf dem Flughafen angekommen, bewege ich mich sogleich zum Checkin durch 2 Sicherheitskontrollen, um mich nochmals ein drittes Mal vor dem Flug direkt nach der Wartehalle durchsuchen zu lassen. Kleine Barrieren wie das Durchleuchten des Gepäcks vor dem eigentlichen Schalter, aktzeptiere ich schon als indische Normalität und stelle mich auch nicht mehr hinten an, sondern bewege mich zum Schaltermenschen und suggeriere ihm, dass ich vor kurzem hier vor ihm stand. Express Checkins a là Ryanair oder Easyjet innerhalb von 30 Minuten wären am Flughafen Chennai nicht möglich und so wird mir wieder positiv deutlich, dass nicht nur die Währung, sondern auch die Zeit hier wesentlich inflationärer ist, da meine Lebenserhaltungskosten hier erstaunlich gering sind und ich viel mehr Zeit bewusst verbringe.
Zwischenlandung in Kalkutta und ein sehr gutes Flugzeugmittag im Flieger bereiteten mich wenig auf die Überraschung Bangkok vor. Ich bin total erschlagen von der Moderne dieser Metropole, obwohl ich ohne jegliche Erwartungen hierher geflogen bin, habe ich mir wohl doch ein kleines Bild gemacht. Ich bin im hypermodernen Bus mit sage und schreibe 80 km/h (müsst ihr im indischen Maßstab sehen, wo die Maximalgeschwindigkeit 50 km/h wegen Schlaglöchern und anderen Gefahren beträgt) auf der 4 spurigen Autobahn (auf jeder Seite!) in die Innenstadt gerast und erspähte Wokenkratzer am Horizont, die in den Himmel schoßen. Wolkenkratzer, riesige Autobahnen, schnelle und neue Autos hatte ich schon seit fast einem halben Jahr nicht mehr gesehen und wurde gespannter auf Thailand und das Reisegefühl in Thailand.
Bangkok ist die Touristenhochburg Südostasiens und vereint den Pauschaltourismus gekonnt mit dem Backpackertum, da Bangkok quasi das Flugtor Südostasiens ist. Das Suchen und Finden einer guten Unterkunft stellt kein Problem dar und wenn ich nicht gerade die Khao San Road (berühmteste Straße Bangkoks) entlang laufe, versucht mir auch keiner etwas anzudrehen. Vielleicht liegt es aber daran, dass mich alle für einen Thailänder halten, da sie am Anfang Thailändisch mit mir sprechen und erst spät realisieren, dass ich kein Thailänder bin. Meine ersten Eindrücke formen ein Bild, dass das Reisen durch Thailand sehr gelassen und einfach zu gestalten sein wird, da ich hier auf sehr westliche Strukturen treffe. Durch Bangkok zu laufen und nicht zu konsumieren, ist eine große Herausforderung. Riesige Einkaufszentren und Straßen, die gesäumt mit Ständen sind, bombadieren mich unentwegt mit der Aufforderung zu kaufen. Musik aus Straßenlautsprechern und riesige Werbetafeln suggerieren mir, dass ich doch viel glücklicher mit den neuesten Produkten sein würde. Alles ist hier käuflich und es hat maximal eine Stunde gedauert, bis ich auf die in Rage bringende Tatsache stieß, dass Menschen, im besonderen Frauen, hier ausgebeutet und misshandelt werden. Es ist so offensichtlich und direkt in die Gesichter der weißen Männer, die überwiegend alt und verbraucht aussehen, geschrieben, dass sie die Frauen an ihrer Seite, die ausschließlich jung und bildhübsch sind, kaufen. Es ist nicht nur die Prostitution, sondern vielmehr die von den Männern ausgehende Mißachtung, die mich so wütend machtend. Stellt euch folgendes Zeitungsinserat vor:

Sind sie, männlich, alt, verbraucht und haben kein Sinn für fremde Kulturen
und suchen
weibliche, schöne, junge Frau in aussichtsloser Lage zum rumkommandieren und zur sexuellen Befriedigung?
Dann buchen sie sofort unser all-inclusiv Angebot!

Dies spiegelt die Mehrzahl meiner Eindrücke von weißen Männern mit thailändischen Frauen wieder, aber es gibt dennoch positive Beispiele, die das Bild wieder etwas gerader Rücken. Ich bin gerade nur auf Durchreise durch Thailand und werde in den kommenden Monaten hoffentlich mir ein genaueres Bild von Thailand machen können.

Friday 22 February 2008

Balzverhalten und Kokusnuesse

Ich hoere die Wellen und spuere den Wind am Strand von Unawatuna. Die Wellen spuelen Korallen an, die noch vom Tsunami 2004 stammen, der Sri Lanka sehr hart getroffen hatte.
Mali erzaehlte mir, dass er die 15m hohe Welle sah und mit seiner Familie so schnell wie moeglich fortlief. Die Erinnerung an den Tsunami schmerzte ihn sehr, weshalb ich nicht weiter nachfragte.
Wenn ich durch einige Kuestendoerfer laufe, sehe ich verenizelt Haeuser, der verlassen und heruntergekommen aussehen. Der Tsunami forderte auf Sri Lanka mehr als 40000 Tote und vernichtete ganze Familien, deren leerstehende Haeuser noch heute von der Tragoedie zeugen.
Hier am Strand ist es den vereinzelten Pauschaltouristen nicht bewusst und das taegliche Strandgeschaeft laeuft seine gewohnten Bahnen. Hinter mir ertoent Manu Chao aus der Stereoanlage des Restaurants, dass gerade den britischen Touristen Fisch und Pommes, das Leibgericht der Englaender, serviert. Ich haette mich schon lange durch die Meeresfruechtekarte gefuttert und nicht "Fish and Chips" bestellt, wenn ich wieder Fleisch und Fisch essen wuerde.
Ich habe mich am spaeten Nachmittag in den Zug nach Colombo gesetzt und befinde mich jetzt im YMCA (Young Man Christian Association) Colombo. Auf dem weg zum Bahnhof hat mich ein Taxifahrer mitgenommen, der seine Touristentour beendet hatte. Es war nicht ganz uneigennuetzig, da er mir seine Visitenkarte mit einem sympathischen Grinsen in die Hand gab und mich bat, sie "Freunden" am Flughafen zu geben. Auch wenn er so nett war mich mitzunehmen, werde ich es wohl nicht machen, weil ich nichts empfehlen moechte, was ich nicht selbst erfahren habe. Die Zugfahrt fuehrte mich entlang der Westkueste direkt neben dem Meer und durch die wiederaufgebauten Doerfer. Entlang der Kueste saeumte n sich Grabsteine, die ein bizarres Bild neben den westlich anmutenden Wohnprojekten boten. Meine Zugfahrt war aber schoen, da sie eine neue Seite Sri Lanka's offenbarte. Etwa 10 junge Sri Lanka versuchten ihre weiblichen Mitfahrerinnen zu beeindrucken und stimmten eine art Balzgesang an, der von rhytmischen Schlaggeraeuschen begleitet wurde. Sie schlugen auf alles, was einen Klang erzeugen konnte und sangen lautstark srilankische Lieder. Neben diesen akustischen Eindruecken flogen regelmaessig Kokusnuesse aus dem Zug, die meine visuellen Eindruecke komplettierten. In den Deutschland wuerde die Polizei wahrscheinlich sofort an der naechsten Station stehen und die Kokusnusswerfer, einschliesschlich meiner selbst, verhaften und Anzeige wegen versuchtem Totschlag stellen.
Ich bin aber zum Glueck auf Sri Lanka und nach 3 Stunden erblickte ich die Wolkenkratzer von Colombo, die die gemaechliche Einfahrt des Zuges ankuendigten.

Thursday 21 February 2008

Hausbesuch die Zweite

Nach zwei Tagen Wanderung durch die Berge um Ella bin ich jetzt an der Südküste und sitze zwischen Palmen direkt am Meer. Ich habe mir jetzt angewöhnt früh aufzustehen und den Sonnenaufgang zu beobachten. In Ella bin ich zusammen mit Emma und Liam früh Morgens mit Taschenlampen auf klein Adam's Peak gestiegen und sah die Sonne das in Morgennebel getauchte Gebirge erleuchten. Es ist eine sehr schöne Atmosphäre, in der die Berge aus einem Meer aus Nebel aufzusteigen scheinen und in der die Welt langsam erwacht.
Die vierstündige Busfahrt durch Terpentinen,und entlang an Reisfeldern führte uns dann nach Dickwella, einem sehr idyllischen Küstenstädtchen, an der Südküste Sri Lankas. Auf der Suche nach einem Zimmer fragte ich aus Spaß bei einer Familie, die ein Strandrestaurant betrieb, ob sie nur ein Bett zum Schlafen und ein Dach über den Kopf für uns hätten. Sie zögerten ein wenig, aber boten uns dann das Zimmer der Söhne an. Es ist wunderbar mit der Familie zu wohnen, da sie super freundlich und absolut zuvorkommend sind. Einer der Söhne, Mali, nahm mich mit zum Beachvolleyball direkt am Strand, an dem wir im Sonnenuntergang Volleyball spielten. Volleyball ist noch vor Cricket hier Volkssport Nummer 1 und es scheint so, als würde jeder Sinhalese Volleyball spielen können.
Mein Sonnenaufgang am nächsten Tag am einsamen Meer war perfekt um meine Gedanken schweifen zu lassen und sie dann wieder geordnet einzufangen. Das Warten auf den den Sonnenaufganggab mir ein schönes Gefühl, das in mir nur positive Assoziationen hervorrief. Normalerweise warte ich mit Ungeduld und verbinde das Warten eher mit unwohligen Gefühlen, die das Warten schlimmer machen, als es eigentlich ist. Das Warten mag eine physische Pause sein, gibt mir aber die Möglichkeit geistig viel aktiver zu sein.
Ich joggte dann den Strand entlang und spielte ein bisschen Capoeira mit mir selbst, was viel schöner in der Gruppe gewesen wäre, aber es war dennoch schön sportlich wieder richtig aktiv zu sein. Das anschließende Schwimmen im Meer, das gar nicht kalt war, krönte diesen perfektem Morgen.
Mali, der Sohn der Familie, führte uns am Mittag zu einem Küstengeysir, der Wasser 20m hoch in die Luft schoss. Die ankommenden Wellen und die Strömung pressen Wasser durch einen Felsvorsprung, dessen Lauf in einem Loch im Boden endet und die Fontaine in die Luft entlässt.
Nach diesem kleinen Ausflug aßen wir noch Mittag bei der Familie und verabschiedeten uns herzlichst von ihnen. Die traditionell srilankische Küche ist das Schärfste, was ich je in meinem Leben gegessen habe. Ich hatte eine kleine Schürfwunde am Finger und spürte das Chili brennen, da hier traditionell mit den Fingern (ganz wichtig, nicht mit der ganzen Hand!) gegessen wird.

Wednesday 20 February 2008

Mitternachtsexpress

Ich sitze im Garten des Hotels und genieße mein spätes Frühstück gemeinsam mit 3 Australien und einer Schwedin. Die Australier arbeiten in Colombo und sind nach Adam's Peak gefahren, um sich für ein Wochenende zu entspannen. War dann doch nicht so viel Entspannung wie sie dachten ;-)! Die Schwedin ist deren Besuch und hat sich spontan entschieden mich für ein paar Tage zu begleiten, da ihre Freunde in der Woche arbeiten müssen.
Auf Reisen geht das Konzept der Wochentage völlig verloren, da es kaum eine Rolle spielt, an welchem Tag ich mich wo befinde. Wenn ich mich doch mal nach dem Wochentag erkundige, frage ich keinen Mitreisenden, da diese sich meist in der gleichen Situation befinden.
Der Fahrer der Gruppe brachte uns im absolut luxuriösen Klimaanlagenbus nach Hatton, von wo aus wir eine wundervolle Zugfahrt durch das malerische Hochland von Sri Lanka auf dem Weg nach Ella, einem kleinen Dorf in den Bergen, machten. Der Zug, der wahrscheinlich noch aus den Zeiten der Briten stammte, fuhr durch Pinienwälder und Teeplantagen. Gegen Abend schaute ich aus den Holzfenstern des Wagons und sah den Nebel über den Bergen und Wäldern aufsteigen. Es war eine wunderbar schaurige Atmosphäre, die mich stark an die alten Sherlock Holmes Filme und den Mitternachtsexpress erinnerte.
Der Zug hatte 3 Stunden Verspätung und wir kamen völlig ausgehungert in Ella an, da sie hier nicht, wie in indischen Zügen, Verpflegung im Zug und auf den Bahnhöfen anbieten.
Wir liefen also zum ersten Restaurant, das wir finden konnten, und hatten Glück um 21 Uhr noch ein geöffnetes zu finden.
Mein gut gefüllter Magen und meine befriedigten Geschmacksnerven ließen die Unterkunftssuche ein Kinderspiel sein. Durch die Bombenattentate sind die Hotels ziemlich leer ich teile mir ein sehr luxeriöses Zimmer mit wundervollem Ausblick auf die Berge.

Elefanten und heilige Berge

Sri Lanka haben die gleiche Eigenheit wie Inder nicht nein sagen zu können. Ich bin heute früh aufgestanden, um nach Pinnewala zu fahren und dort den Waisenpark für Elefanten zu besuchen. Auf dem Weg zum Busbahnhof quatschte mich ein Rikschafahrer an und überredete mich einzusteigen. Ich sagte ihm, dass ich noch an einen Geldautomaten vorher muss und er bejahte sehr sicher. Er fuhr mich auch sehr zielsicher zum Busbahnhof und als ich ihm dann zum 5. Mal wiederholte, dass ich einen Geldautomaten bräuchte, fuhr er wieder los und fragte sich Geldautomaten durch.
Das Elefantenwaisenhaus beherbergt Elefanten, die in freier Wildbahn oder durch aufgebrachte Landwirte verletzt werden und peppelt sie wieder auf. Es sind unglaublich schöne Tiere, die trotz ihrer Größe sehr graziös sich in sozialen Gruppen durch den Park bewegen. Ich konnte die Fütterung und das Bad im Fluß bestaunen, wenn 60 Elefanten frei im Wasser tollen.
Nach diesem sehr schönen Start in den Tag stieg ich in den Bus nach Adam's Peak, dem heiligsten Berg Sri Lankas, den tausende von buddhistischen Pilgern hochwandern. Ich musste 3 Mal umsteigen und kam auf einer Art Jahrmarkt am Fuße des Berges an. Ich wurde dann auch sofort von einem Hotelbesitzer angequatscht und stieg auf sein Motorrad, dass mich zu seinem Gasthaus brachte. Mein anfängliches Misstrauen bestätigte sich nicht, da er mich zu einem wunderschönen Gasthaus mit Garten an einem Bach brachte und ich fast nichts dafür bezahlen musste.
Der Aufstieg zum Gipfel dauert normalerweise 4 Stunden, also stellte ich meinen Wecker auf 1:00 Uhr Morgens, um den Sonnenaufgang vom Gipfel aus bestaunen zu können. Ich lief an dem Jahrmarkt mit seinen zahllosen Ständen für Kitsch und Essbares vorbei, ließ mich an einem Tempel segnen und wurde von ca. 20000 Pilgern beim Aufstieg begleitet. Auf der Hälfte des Berges kam alles zum Stehen, da der Gipfel nur begrenzt Platz bietet und zu viele Pilger den Sonnenaufgang und den Schatten des Berges, der als Zeichen Buddhas gilt, bestaunen wollten.
Ich bließ die Aktion Aufstieg also ab und setzte mich zusammen mit einem Iren, einem Engländer und einer Holländerin um 3 Uhr Nachts in eine Teestube auf dem Berg. Nach ein paar Tee-Zucker-Gemischen und vielen Reiseanekdoten machten wir uns auf den Abstieg ins Tal und in unsere Betten.

Thursday 14 February 2008

Erster Hausbesuch

Ich sitze gerade bei einer srilankischen Familie zu Hause in einem großen, luftigen Raum, durch den ein laues Lüftchen weht. Die 5 monate alte Tochter der Familie liegt neben dem Fernseher, der hier ständig zu laufen scheint und als Rauschen keine Stille aufkommen lässt.
Ich bin durch die Tempelanlagen von Polonnurawu gelaufen, die mich erahnen lassen wie beeindruckend die Bauten früher sein mochten. Erstaunlich lebendige Statuen von Buddha wurden hier direkt aus dem Fels gehauen und überdauerten zum Glück die Jahrtausende.
Ich bin neben einem srilankischen Paar gelaufen, dass frisch verheiratet wurde und zum Valentinstag sich den Tag hier versüsst. Nachdem ich sie nach einem guten Restaurant in Polonnurawu fragte, luden sie mich zu sich nach Hause ein. Das einzige Problem bestand nur darin, dass sie 10 km Auswärts wohnten und ic mit meinem geliehenen Fahrrad schwerlich durch die Hitze fahren wollte. Bin ich aber letztendlich doch und die Fahrt durch idyllische Dörfer stellte sich als sehr schön heraus.
Bevor wir zu ihrem Haus fuhren, hielten wir an einem kleinen Straßenrestaurant, in dem ich ein sehr köstliches und ziemlich scharfes Mittagessen genoss. Bei ihnen angekommen, sollte men Magen schon wieder leer sein, da sie anfingen Essen zuzubereiten. Ich konnte sie aber überreden mir nur eine frische Kokosnuss zum trinken zu geben. Der Mann kletterte also die Palme im Garten hoch und drehte einige Kokosnüsse ab. Frischer Kokossaft ist extrem erfrischend und lecker in diesen Breiten.
Während ich im Haus saß, breitete sich die Nachricht, dass ein fremder im Dorf sei, sicherlich wie ein Lauffeuer aus, da ich, kurz nachdem ich angekommen war, von 10 Kindern umzingelt wurde, die anfänglich schüchtern, aber kurze Zeit später sehr lebhaft und neugierig wurden.
Der Mann ist nochmals losgefahren, um seinem Bruder das Mittagessen zu bringen, da dieser im Geschäft saß und arbeitete.
Er selbst hat gerade Urlaub und verbringt seine Flitterwochen mit seiner Frau zu Hause, da er normalerweise in Bangladesh arbeitet und lieber in der Heimat ist, wenn er die Möglichkeit hat. In Bangladesh handelt er mit Diamanten, die jedoch nicht ihm gehören, sondern einer großen Firma, die ihm lediglich 500 Dollar pro Monat zahlt.
Die beiden sind ein sehr schönes Paar, das sehr liebevoll zueinander ist, obwohl sich beide vorher nicht kannten, da sie von ihren Eltern verheiratet wurden. Auch hier ist das Prinzip der Familienhochzeit sehr stark verbreitet und Liebeshochzeiten sind eher die Ausnahme.
Auf meiner Rückfahrt hielt mich ein Straßenaufseher an und fing ein Gespräch mit mir an, das darin mündete, dass er mich zum Abendessen bei sich zu Hause einlud. Ich musste leider ablehnen, da ich zurück nach Habarna musste, um am nächsten Morgen früh loszuziehen. Srilankische Menschen scheinen noch gastfreundlicher als indische Menschen zu sein. da mich die ganze Bevölkerung ständig anzulachen scheint.
Auf meiner Busfahrt bin ich heute zum ersten mal kontrolliert worden. Alle Passagiere mussten aussteigen, sich filzen lassen, ihren Pass vorzeigen und weiterlaufen. Das Gefühl durchsucht zu werden, ist sehr zwiespältig, da einerseits stark in meine Privatsphäre eingegriffen wird, andererseits ich mir aber sicher sein kann, dass keine Bombe in dem Bus ist. Auf den Straßen sehe ich regelmäßig Jeeps der UNO, dem Roten Kreuz und Oxfam, die klar markiert und mit Fahne uns entgegekommen. Diese Bilder kenn ich eigentlich nur aus Kriegsfilmen, wenn westliche Nationen versuchen in einem Land zu helfen, aber letztendlich versagen. Ich hoffe, dass sie hier nicht die Regel bestätigen und wirklich etwas ausrichten können.

Wednesday 13 February 2008

Leergefegte Tempelstadt

Ich sitze im Schatten unter einem Baum in den Tempelruinen von Anuradhapura, der antiken Hauptstadt Sri Lankas. Mit meinem geliehenen Fahrrad düse ich vorbei an Buddhastatuen, Palästen, künstlichen Wasserbecken und Dagobas, riesigen kuppelförmigen Schreinen, die Teil jedes buddhistischen Tempels sind.. In Sri Lanka ist der Buddhismus stark verbreitet und findet sich in den kleinen Dörfchen, in denen das Straßenbild durch, die in orange-rot gekleideten, Mönche und den buddhistischen Tempeln geprägt ist. Anuradhapura war einst eine verlassene Stadt im zentral-nördlichen Sri Lanka und wurde durch die Briten „wiederbelebt“. Es ist fantastisch durch die sehr gut erhaltenen Tempelruinen zu laufen und einen Hauch der Vergangenheit hier zu spüren. Die Bauten sollen, nach den Pyramiden, eines der größten, von Menschen gemachten, Bauwerke sein.
Wie alles im Leben, hat auch die brenzlige Situation in Sri Lanka ein Gutes, da ich heute auf meinem Weg durch die Tempelruinen eigentlich nur zwei Touristen begegnet bin, obwohl ich mich hier genau in der Saisonzeit befinde und es hier voll von Touristen sein müsste. Die Hotels sind hier wie leergefegt und auf Anfrage, ob es wegen der Bombenattentate sei, versuchen sie es runter zuspielen. Ich hatte sogar Schwierigkeiten mein Mittag zu finden, da viele Restaurants und Imbisse wegen Gästemangels geschlossen sind. Ich befinde mich hier in einem der größten Pilgerorte Sri Lankas und jeder Reiseratgeber berichtet ausgelassen vom kulturellen Dreieck, welches auch Anuradhapura enthält. Es gibt mir ein gutes Gefühl der Sicherheit, wenn ich mich allein, fern von jeglichen Massen, Sri Lanka entdecken kann.
Das einzige mulmige Erlebnis bisher waren blitzartige Erscheinungen am Himmel, die nicht von Donner gefolgt wurden, was einen Blitz als Ursache ausschließt. Ich weiß nicht, in wie weit Gefechtsfeuer zu hören oder zu sehen ist, aber es war ein Gedanke, der mir durch den Kopf schoss. Was mich, aber beruhigt, ist die Tatsache, das Touristen kein Ziel der „Tamil Tigers“ sind und ich zum ersten Mal wirklich froh bin sofort als Tourist erkannt zu werden. Es hat ein Gutes Tourist zu sein ;-)!

Monday 11 February 2008

Sri Lankas Wundertüte

Das Reisen in Indien und Sri Lanka ist nicht berechenbar geschweige denn voraussehbar. Ich sitze jetzt im Bahnhof von Colombo und muss meine neue Situation erst einmal verdauen.Auf dem Flughafen in Chennai habe ich zwei Israelis kennengelernt, die mit mir nach Colombo geflogen sind. Der Flug, in ganz indischer Tradition, hatte zwei Stunden Verspätung und flog erst 1:00 Uhr Nachts mit uns an Bord nach Sri Lanka. Endlich angekommen erkundigten wir uns an der Touristeninformation, ob noch ein Bus nach Colombo Zentrum fahren würde. Der Mann hinterm Schalter gab ein sehr bestimmtes Nein zurück und bot uns an ein Taxi zu bestellen. Dies lehnten wir ab, überzeugten uns selber an der Haltestelle und saßen sogleich im Bus nach Colombo Zentrum. Dies gab uns schon einen ersten Vorgeschmack auf das Reisen durch Sri Lanka.Um 4 Uhr Morgens stiegen wir aus dem kleinen klimatisierten Bus und stießen auf einen ziemlich belebten Markt, dessen Straßen durch Warenlieferungen aller Art pulsierten. Neben diesem Treiben fielen mir sofort zwei patrouillierende Soldaten ins Auge, die den Warenumschlag minutiös beobachteten. Es war jetzt schon zu spät, um ein Hotel zu suchen, also liefen wir auf der Suche nach der indischen Botschaft durch Colombo. Es war nicht schwierig sich um diese Urzeit dahin durchzufragen, da alle 50 m (eher untertrieben!!!) ein Armeekontrollpunkt stand, dessen Soldaten überaus freundlich Auskunft gaben. Wir legte auf dem Weg zur Botschaft eine kleine Pause am Meer ein und lauschten der Brandung aus dem tiefschwarzen Meer der Nacht.Für mich ist es sehr gewöhnungsbedürftig bewaffnete Menschen zu sehen. Die patrouillierenden Soldaten in London oder der Pariser Metro sind schon heftig, aber hier komme ich mir vor, wie in einem Poliziestaat. Sie laufen alle mit Maschinengewehren die Straße entlang und fast jeder Kontrollpunkt hält einen Raketenwerferbereit. Sie befinden sich wirklich in einem Krieg hir, der zwischen der Sri Lankischen Regierung und den „Tamil Tigers“ um die Autonomie der nördlichen und östlichen Gebiete geführt wird.Ich habe in der indischen Botschaft eine Deutsche getroffen, die als Friedenshelferin hier seit 3 Jahren arbeitet. Sie erzählte mir, dass an der Nordfront Gefechte geführt werden und im Sri Lankischen Hauptgebiet Bomben und Selbstmordattentäter eingesetzt werden. Die Israelis gehen damit ganz gelassen um, weil sei diese unterschwellige Gefahr schon gewohn sind. Ich für meinen Teil warte gerade auf den Zug, um Colombo zu verlassen, da es mir hier zu brenzlig wird. Letzte Woche gab es hier ein Selbstmordattentat an der Bahnstation. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie den gleichen Ort zweimal hintereinaander bomben ist sehr gering und so sitze ich hier relativ ruhig, aber völlig übermüdet.Hier in Sri Lanka muss ich mich neu orientieren, die Preise vergleichen, das Chaos einschätzen und neben Betrügern, auch auf Bombenattentate achten. Ich bemerke hier, wie paradiesisch und sicher Indien erscheint. Indien ist wesentlich billiger, die Züge sind bequemer, da sie nicht wie Sri Lankischen Züge zur Seite ausschlagen und das Betrugspotenzial ist zwar hoch, aber nicht Lebensgefährlich.Für mich heißt es hier also doppelt vorsichtig sein und Massen meiden. Es klingt alles schlimmer als es is. Die Menschen haben gelernt mit der Gefahr zu leben und wenn die Soldaten nicht waären, sehe es hier sehr idyllisch aus.

Friday 8 February 2008

Achterbahnfahrt

Ich finde jetzt endlich wieder die Ruhe in meinen Gedanken, um zu schreiben. Die letzten zwei Wochen waren eine Achterbahnfahrt meiner Gefühlswelt in den Extremen Indiens.
Ich war zusammen mit Rena in den Bergen und habe versucht den Raubüberfall mit ihr zu verarbeiten. Während wir auf verschiedenen Wegen unterwegs waren, wurde sie in ihrem Hotelzimmer überfallen und aller Wertsachen beraubt. Es hinterlässt in mir einen sehr bitteren Geschmack Indiens, aber es ist Teil der Erfahrung des Lebens, die es uns ermöglicht die vielen fantastischen und schönen Seiten Indiens zu schätzen. Dies ist die komprimierte Einstellung, die es mir ermöglicht weiter mit offenen Augen zu reisen.
Ich bin jetzt wieder allein unterwegs und bei Abhishek zu Besuch, um meine letzten Tage in Indien zu verbringen. Mein Flug nach Sri Lanka geht in 3 Tagen und ich werde nur kurz nach Indien zurückkehren, um den Geburtstag von Auroville zu erleben und dann nach Thailand gemeinsam mit Rena zu fliegen.
Abhishek ist Brahmin, arbeitet seit 2 Jahren und wird in einem Monat aus seinen festen Strukturen hier ausbrechen und einen Master in Audio Accoustic in Sydney anfangen. Seine Familie ist sehr wohlhabend, besitzt ein großes Haus für indische Verhältnisse und leistet sich zwei Haushälterinnen. Es gibt auch nicht viele Familien, die sich zwei Neuwagen leisten können. Dieser Reichtum ist jedoch mit mangelnder Zeit verbunden, da Abhisheks Vater das Familienunternehmen leitet und von 9 Uhr Morgens bis 22 Uhr Abends arbeitet. Er kommt nur zum Mittag für eine halbe Stunde nach Hause.
Ich habe zusammen mit ihnen zu Mittag gegessen und eine Diskussion über Verantwortung, Freiheit und Wertevorstellung mit Abhisheks Vater geführt. Es war sehr schwierig seine starren Vorstellungen zu lockern und ihn für neue Denkweisen zu öffnen. Ich hoffe, dass ich im Alter nicht die gleiche Starre an den Tag legen werde. Es kostet auf jedenfall sehr viel Energie gegen eine Mauer zu argumentieren.

Friday 25 January 2008

Kommunismus in Indien

Es ist jetzt 22:30 indische Zeit, ich sitze in Munnar, einer Bergstation im Landesinnern von Kerala, und bin von winterlich gekleideten Indern umgeben. Auf 1600m ist die Nacht extrem kühl und das grelle Neonlicht in dem Spätimbiss mit seinen Plastikstühlen, in dem ich gerade mein Abendmahl zu mir nehme, verstärkt mein Kältegefühl. Es herrschen Vielleicht Temperaturen um die 5 °C, die sich extrem kalt anfühlen, weil der Kontrast zu 35 °C in Irinjalakuda zu groß ist. Aber das ganze ist sehr schön, weil ich weg von den großen Städten bin und in luftiger Höhe ist die Luft angenehm klar und kühl.
In Munnar wird seit dem 19. Jahrhundert Tee angebaut, der die Landschaft hier stark prägt. Die Berge sind durchzogen mit saftig grünen Teeplantagen, die fast alle dem indischen Industriemagnaten „Tata“ gehören. Ich bin heute 15 km durch dessen Teeplantagen und über deren Berge gewandert, was nicht ganz einfach war, da mich einige Vorsteher von den Plantagen vertreiben wollten, da diese Privatbesitz sind. Die Wanderung war unglaublich schön, weil die Landschaft absolut malerisch nd die Menschen super freundlich auf mich zugekommen sind. Kurz bevor ich den Wasserfall erreichte, aß ich in einer Hüte für Teepflucker und unterhielt mich mit einem tamilischen Taxifahrer. Er erzählte mir, dass in dieser Region 26000 Teepflücker beschäftigt seien, die allesamt aus Tamil Nadu, dem Nachbarbundesland stammen. Auf meine Frage hin, warum es fast nur Tamilen seinen, antwortet er, dass Arbeiter aus Tamil Nadu kommen und die Besitzer, sowie höher Beschäftigte aus Kerala. Ich hatte schon vorher den Eindruck gewonnen, dass Kerala das reichste Bundesland Indiens ist, da überwiegend große und schöne Häuser das Straßenbild Keralas prägen.
Kerala ist ein sehr vielseitiges Paradies, das mich einerseits sehr schöne und auch einsame Strände, andererseits grüne und majestätische Berglandschaften erleben lässt. Es ist das einzige kommunistische Bundesland Indiens, dass sich mit einem hohen Bildungsniveau schmückt. Die Alphabetisierungsquote soll im Bezirk Kottayam sogar die 100% erreichen, was die Quoten westlicher Staaten sprengt. Es stimmt mit meinen Erfahrungen überein, da ich eigentlich noch an keinem Ort war, an dem ich nicht an einer Schule vorbei lief.
Die Menschen lachen hier mehr und sind noch aufgeschlossener und interessierter. Ich treffe auf viele Englisch sprechende Keraler, deren Wortschatz zwar begrenzt, aber dennoch für kurze und oberflächliche Konversationen ausreicht.
Es ist auch ziemlich witzig Plakate der CPI (Communist Party India) zu sehen, auf denen Gandhi, Nehru, Indira Gandhi, aber auch Lenin und Che Guevara abgebildet sind.In den Gesprächen fragen sie mich nach meiner Herkunft, und wenn ich Vietnam erwähne, strahlen sie noch mehr und sprechen von Ho Chi Minh, dem noch heute verehrten Freiheitskämpfer Vietnams. Mir ist noch nicht ganz klar, wie das politische System hier funktioniert, aber sie scheinen die Hürden eines Dritteweltlandes zumindest in diesem Bundesland gut zu meistern.

Thursday 24 January 2008

An einen Ort zurueckkehren

Ich bin wieder an einen Ort zurückgekehrt, an dem ich vor einer Woche war. Es ist faszinierend wie gut ich mich hier schon orientieren kann, obwohl ich nur 3 Tage in und um Irinjalakuda verbracht hatte. Es füht sich auch sehr gut an, weil mich die Menschen wiedererkennen und gleich doppelt so freundlich sind, als ein Level erreichen, das eigentlich schon beängstigend ist.
Ich bin mit Rena per Anhalter hierher gekommen und wir mussten das letzte Stückchen eigentlich noch laufen, aber mein freundlicher Rikschafahrer, von dem ich das Motorrad vor einer Woche geliehen hatte, kam zufällig vorbei und fuhr uns kostenlos zum Hotel.
Ich habe keine Angst vor der Zukunft, weil alles sich ineinander fügt und sich so leicht gestalten lässt. Die Wahrscheinlichkeit, dass so viele glückliche Zufälle geschehen spricht gegen mich, aber wenn wir etwas wirklich wollen, „verschwört sich das ganze Universum“ (Coelho) und hilft uns es zu erreichen.
An einen Ort zurück zu kehren bedeutet auch ihn viel aufmerksamer zu betrachten und noch mehr kleine Details zu entdecken. Es war mir diesmal auch möglich einer Probe des Mohiniyattam, einer Art Gebetstanz für Frauen, beizuwohnen. Bei der Probe tanzten Mädchen und Frauen in einer Gruppe einen erstaunlich weichen und dennoch präzisen Tanz, bei dem sie eine faszinierende Körperkontrolle, sowohl der Mimik, als auch der Gestik hatten. Mir kam sofort der Gedanke, dass Frauen in Indien vieles gewissenhafter un mit großer Aufopferung betreiben als indische Männer. Die Mädchen auf der Bühne trainieren seit ihrem 4. Lebensjahr und tanzten für das ungeschulte Auge in perfekt in ihren Bewegungen. Unter den Tanzenden war auch eine Mexikanerin, die diesen Tanz seit einigen Jahren praktizierte, jedoch neben den Inderinnen viel schwerfälliger und härter wirkte. Hätte ich sie allein tanzen gesehen, wäre ich sicherlich positiv beeindruckt gewesen, aber im direkten Vergleich mit den Inderinnen, deren Bewegungen natürlich elegant wirken, hat sie noch einen langen Weg vor sich.
Der Vergleich zu den indischen Männern manifestierte sich so stark, weil ich die Kampfkunstvorfühung in Kochi eher mittelmäßig empfand und wesentlich mehr erwartet hatte. Im Gesamtbild Indien zeichnet es sich stark ab, dass Frauen sich von klein an aufopfern und Männer eher verhätschelt werden, was die Gewissenhaftigkeit stark unterentwickelt lässt.
Ich reise wieder allein und bin zum 3. Mal nach Irinjalakuda zurückgekehrt und sitze in einer Bar/Restaurant, in dem ich vor kurzem mit Rena in einem Einzelraum gesessen hatte. Neben dem Barraum, bieten sie hier sehr heruntergekommene Privatzimmer an, damit sich Mann sich auch ganz anonym betrinken kann. Mann muss hier sehr wörtlich genommen werden, da Frauen nicht trinken bzw. nicht trinken dürfen. Es wird Alkohol ausgeschenkt, die Beleuchtung ist düster, und ein lautes Stimmenwirrwar umgibt mich, was ganz ungewöhnlich für Indien ist. Zwar ist es hier ständig laut und ich bin immer von Menschen umgeben, jedoch sprechen sie wenig miteinander. Mir ist es letztens wie Schuppen von den Augen gefallen, als ich im supervollen Bus nach Kochi saß, dass mich ein riesiger Geräuschschwall aus Motorengeräuschen, Hppen, Schreien und Klingeln umgab, aber dass kein einziger Mensch im Bus sprach. Vielleicht liegt es teilweise daran, dass Frauen im Bus vorn sitzen und Männer hinten sitzen müssen. Solch eine physische Trennung, die sich auch in den Köpfen fortsetzt bzw. die mentale in die physische, fördert sicherlich nicht die Kommunikation und das Verständnis zwischen den Menschen.

Wednesday 23 January 2008

Selbstlosigkeit

Mich fasziniert es immer wieder wie gastfreundlich und selbstlos indische Menschen sind. Ich aß mit Rena spät Abends an einer Straßenküche in Kochi, die ein 24 jähriger mit 2 Freunden betrieb. Es kam eine sehr schöne Konversation mit ihm zu stande, obwohl er nur begrenzt Englisch sprach. Sein Vokabular bestand vielleicht aus 40 Wörtern, jedoch war seine Körpersprache ausdrucksstark und vermochte die fehlenden Vokabeln zu ersetzen. Er vermittelte mir wieder eine neue Seite Indiens durch einen kleinen Einblick in sein Leben und seine Welt. Er ist der Besitzer dieser kleinen Straßenküche und fängt Morgens um 7 Uhr an und geht erst 00:30 Nachts nach Hause, um dort für 2 Stunden zu schlafen. Am Tage macht er noch zwischendurch 2 Stunden Pause, aber rackert er sich so 7 Tage die Woche ab. Er ist zum 2. Mal verheiratet und diesmal viel glücklicher, weil er seine erste Frau nicht anziehend fand. Beide Male haben seine Eltern sich auf Suche für ihn begeben und ihn verheiratet. Ich habe versucht herauszufinden, was er in seiner sehr kurzen Freizeit macht, aber anscheinend verbringt er diese nur zu Hause bei seiner Frau, die nicht arbeitet und eigentlich nur mit ihm aus dem Haus geht beziehungsweise raus gehen darf.
Nachdem wir unseren letzten Chai des Tages getrunken hatten, schlug er uns vor am nächsten Morgen uns einen naheliegenden Strand zu zeigen. Wir aßen also unser Mittagessen bei ihm und fuhren mit der Rikscha und dem Bus zum Cheraistrand (hab ich erst im Nachhinein herausgefunden), nördlich von Kochi. Er bestand darauf beide Male zu bezahlen und versuchte uns vor einigen Indern zu warnen, wiederholte hierbei die Warnungen bestimmt 6 Mal, damit wir es auch ja nicht vergessen. Er saß mit uns am Strand, halb mir beim Früchtekauf, weil es für ihn wesentlich billiger war, handelte sich hierbei noch böse Blicke und Kommentare ein, weil er mir half, und das wirklich Unfassbare ist die das absolut selbstlose seines Handelns. Ich versuchte ihm ein bisschen Geld für alle seine Ausgaben und noch ein klein wenig mehr für die Rückfahrt zu geben, aber er lehnte dies strikt ab. Wahrscheinlich empfindet er es sogar als ziemlich unangenehm, dass ich ihm Geld geben wollte.
Es erfüllt mein Herz immer noch mit warmer Freude, wenn ich daran denke, weil er nicht nur finanziell alles getragen hatte, sondern auch seine Zeit, die sehr begrenzt ist, für uns geopfert hatte. Aus seinen zwei Stunden Pause wurden locker vier Stunden mit uns, weil den Tag früher, schon um 5 Uhr, begann, damit er mehr Zeit zur Verfügung hatte.Ich bin überwältigt von dieser Hilfsbereitschaft, weil es in meiner Erfahrungswelt nur sehr wenige solche Momente gab. Aber seit ich in Indien bin, ist es mehr zur Regel geworden. Wann hat irgendeiner von uns schon mal seinen ganzen Tag nach einem wildfremden Menschen ausgerichtet, ohne jegliche Erwartungen (finanziell, beziehungtechnisch, sexuell) zu stellen? Ich bin ihm sehr dankbar und hoffe, dass ich in Zukunft auch so handeln kann wie er. Stellt euch vor wieviel mehr Freude und Liebe in unserer Welt wäre, wenn jeder von uns so handeln würde. Wir müssen nicht mal religiös oder spirituell sein, sondern die Situation nur rational betrachten und mir erscheint es ziemlich logisch so zu handeln.

Monday 21 January 2008

Zurueck in die Hochburg

Nach meinen Ausflügen in das nicht touristische Indien bin ich jetzt wieder in einer Touristenhochburg gelandet. Kochi, früher auch Cochin genannt, ist eine sehr schöne Küstenstadt auf einer Insel, die schon die Portugiesen, Holländer und später auch die Briten zu schätzen wussten. Die Einflüsse dieser Kolonialstaaten sind heute noch in der Architektur zu sehen und im Flair der Stadt zu spüren. Es ist schon ein bisschen seltsam durch Straßen mit Fachwerkhäusern zu laufen und sehr europäische Café zu sehen. Fast alle prunkvollen Häuser der Kaufleute von damals sind heute Luxushotels und die Straßen herum sind gepflastert mit Geschäften, die vollständig auf den Touristen ausgelegt sind.
Ich hatte schon fast verdrängt wie aggressiv die Verkaufsmethoden sind, aber nachdem ich auf 200m von 8 Geschäftsbesitzern scheinheilig freundlich in das Geschäft gebeten wurde („just looking“), war es mir wieder sofort präsent.
Kochi ist sehr bekannt für seine chinesischen Fischernetze, riesige Konstruktionen von herablassbaren Netzen, die chinesische Seeleute nach Kochi brachten. Es ist auch das am meisten erscheinende Motiv in Photographien von Kerala. Neben dieser Attraktion wird in Kochi keralisches Theater und keralischer Kampfsport zelebriert.
Natürlich wollte ich mir die Netze auch anschauen und wurde prompt auf die Konstruktion eingeladen. Fand ich sehr nett von den Fischern, die mich auch am Seil ziehen ließen, aber nichts ist hier umsonst und das Aufhalten der Hand war keine Überraschung mehr.
Ich habe mir mit Rena jeweils eine Vorstellung des Kalarippayat, einer 3000 Jahre alten Kampfkunst, und Kathakali, eine Form keralischen Theaters, angeschaut. Die Vorstellungen waren extrem überteuert und nicht ganz ungefährlich. Wir saßen bei der Kampfkunstvorstellung in der 2. Reihe, als sie eine Drahtpeitsche demonstrierten, die sich während der Show in Teile auflöste. Der Frau neben uns konnte ich die Todesangst aus dem Gesicht lesen und sogar als die Show vorbei war, sah ich ihr den Schock noch an. Die Situation war urkomisch und ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen.
Die Kathakalishow war sehr interessant, da sie zuerst das Makeup der Schauspieler zeigten und dann eine Einführung in die Zeichensprache dieser Theaterform gaben. Das Theater basiert auf extrem übertriebener Mimik und Gestik, stark Kostümierten Schauspielern, sowie traditioneller indischer Musik.
Neben dem Konsum dieser vorgefertigten Häppchen, die einem jeder Reiseführer serviert, sind wir ca. 10 km durch die verschiedenen Viertel gelaufen. Innerhalb von 200m können Welten liegen. Auf der einen Seite liegt das authentische Leben Indiens, auf der anderen die schnörkellose und glatte Oberfläche des touristischen Konsums.

Monday 14 January 2008

Hindu Identitaet

Ich bin ein jetzt ein Hindu oder habe es zumindest versucht äußerlich zu werden. Ich bin gerade in dem Dorf Irinjalakula, in dem der Koodal Manikyan Tempel steht, der einzigartig in Indien sein soll, jedoch nur von Hindus betreten werden darf. Weil der Kiên aber auch den Tempel bestaunen wollte, hat er sich nen Dothi, eine Art von Wickelrock für Männer, gekauft, und ist als Hindu (hab sogar versucht auch mental Hindu zu sein) durch den Eingang spaziert. Der super freundliche Pförtner hat mich aber sofort durchschaut und nach meinem Hinduzertifikat gefragt, das ich in Calicut bekommen würde. Vielleicht hätte ich es ein bisschen besser planen sollen, als ich in Calicut war. Irgendwie finde ich es ein bisschen seltsam, dass sie ein Papier brauchen, um ihr Dasein als Hindus zu belegen. Wer mag, dem stelle ich gern ein Zertifikat für Atheisten oder Spirituelle aus.Der darauf folgende Besuch eines Zentrums für keralischen Tanz und Kampfkunst war auch nicht von Erfolg gekrönt, da ich gerade ein 10 tägiges Festival verpasst hatte und alle wegen Überanstrengung eine Woche pausierten.Mmh, kein Tempel und keine Kultur, also beschloss ich mir ein Motorrad zu mieten und durch die Landschaft und Dörfer zu fahren. In dem Dorf gibt es keinen offiziellen Verleih, aber der Rikschafahrer „Arun“, der vor meinem Hotel parkte, wollte mir eins besorgen. Ich stieg also in seine Rikscha und fuhr mit ihm zum Nachbardorf, wo er mit seiner Familie wohnte. Zwischendurch hielten wir an allen möglichen Häusern, in denen er mich vorstellte: „Kiên, aus Vietnam, mein neuer Freund“. Aha! Ich bin wieder einen Freund reicher ;-). Wir plauderten ein bisschen und er wollte, dass ich ihm einen Job in Vietnam besorge. Ich versuchte ihm zu verklickern, dass er zuerst Vietnamesisch lernen müsse und nicht allzu unterschiedliche Bedingungen in Vietnam vorfinden würde. Naja, er besteht trotzdem darauf und wollte mich als persönlichen Lehrer anstellen.Bei ihm zu Hause luden sie mich zum Mittag ein, was ich dankend ablehnte, da ich gerade zuvor Mittag gegessen hatte. Ich bekam mein Motorrad, nachdem ich ihm auch noch für die Rikschatour entlohnen musste, und düste erstmal durch das Dorf.Nach einem Blick auf meine Karte, entschied ich mich um 30 km entfernten Strand zu fahren, um dort den Sonnenuntergang zu genießen. Ich finde es unglaublich schön allein mit dem Motorrad durch das Land zu fahren und Wind und Sonne auf meiner Haut zu spüren.Am Strrand schaute ich ein paar Kindern beim Cricket spielen zu und legte mich in den San, um auf den Sonnenuntergang zu warten. Während ich wartete hörte ich das Motorgeräusch eines vorbeifahrenden Mortorrades. Ich war nicht sicher, ob ich mit meinem Motorrad auf dem Strand fahren sollte, konnte aber nicht widerstehen und stieg auf. Ihr müsst euch einen 3 km langen Sandstrand, flankiert von grünen Palmen und keiner Menschenseel vorstellen. Das Meer tauchte sich in ein sanftes Rot und ich fuhr gemütlich mit dem Motorrad den Strand entlang. Neben mir rauschten die Wellen und sickerten kurz vor dem Motorrad in den Boden. Es war so ein euphorisierndes Erlebnis, dass ich einfach ins Meer hinaus schreien musste.

Friday 11 January 2008

Welt- und Menschgeschichte vermischt

Ich wandle gerade auf den Pfaden der Weltgeschichte zu denen ich ein größeres Wissen, das heisst nicht total ahnungslos bin, habe. Mein Weg führt mich zum Kappadstrand, der 16 km von Calicut (Kohzikode) liegt und 1498 Geschichte schrieb, als Vasco da Gamma hier landete und den Seewgeg nach Indien entdeckte. Heute erinnert hier nur noch ein Miniobelisk mit einer Inschrift and die Landung Vascos.Das ganze ist interessant, spielt aber vielmehr eine persönlichere Rolle für mich, da ich zu meiner Jugendweihe (Wow, das fühlt sich wie ein anderes Leben an) eine Erzählung über die Suche nach dem Seeweg nach Indien von „Waldi“ und „Uschi“, menem deutschen Onkel und meiner deutschen Tante, geschenk bekam. Ich weiß nicht, ob sie es schon damals wussten, das ich tatsächlich diesen Ort mit meinen eigenen Füßen begehen und meinen eigenen Augen sehen würde, aber ich schätze es jetzt noch viel mehr, da wieder eine Brücke zur Vergangenheit geschlagen wurde. Vielen Dank nochmals, falls ihr das hier lest!Der Strand ist paradiesisch, liegt aber nicht auf den Touristenrouten und ist kein Ziel, dass in den Reiseführern aufgelistet wird, und so konnte ich einen wunderbaren, ruhigen Tag am Meer mit schwimmen und lesen verleben. Nach den letzten vollgepackten zwei Wochen war es sehr erholsam mich einfach baumeln zu lassen.

Thursday 10 January 2008

Der indische Pate

Ich sitze in einer kleinen Teehütte den „Valiyaparamba Backwaters“ und genieße den lauen Wind im Schatten. Auf meiner Fahrt nach Süden bin ich zum ersten Mal Zielen gefolgt, die nicht in meinem Reiseführer standen., da ich zur Zeit einen lokalen Reiseführer benutze, den mir Roopa gegeben hat. Auf diesem Wege bin ich schon seit zwei Tagen keinem westlichen Touristen mehr begegnet, habe aber Schwierigkeiten eine Unterkunft zu finden, weil alle günstigen Hotels mich nach der Nationalität fragen und mich wegschicken, weil sie anscheinend nur Indern Unterkunft bieten wollen. Nachdem ich gestern Abend 4 Hotels erfolglos probiert hatte, gab ich im 5. vor, dass ich aus Sikkim, dem Nordosten Indiens stamme, dessen Menschen sehr asiatisch aussehen, und wurde prompt mit einem Zimmer belohnt. Meine neue sikkimsche Identität funktioniert auch beim Eintritt in Sehenswürdigkeiten, die ein Vielfaches an Geld von nicht indischen Touristen verlangen.
Ich bin dazu übergegangen alle Kurzstrecken mir zu erlaufen oder per Anhalter mitnehmen zu lassen. Ich sehe hierbei so viele neue und unterschiedliche Seiten Indiens, weil ich durch Slums laufe und nur ein paar Meter weiter an sehr westlich anmutenden Villen vorbeiziehe.
Kerala, der südwestliche Bundesstaat Indiens, ist der landschaftlich schönste Teil Indiens, den ich bisher gesehen habe. Satt grüne Palmenwälder werden durchzogen von Kanälen und Flüssen, die in das Arabische Meer münden.
Ich wurde gerade von Bootsmenschen umzingelt, die mir Kerala näher bringen wollten, als sie meine Karte von Kerala sahen. Auf meiner Karte sind jetzt alle möglichen Sehenswürdigkeiten und Orte markiert, die ich laut meinen neuen „Freunden“ unbedingt sehen muss.Es findet sich sogar eine Telefonnummer darauf, die ich anrufen soll, falls ich in der Nähe von „Punnamada“ sein sollte und dort eine Unterkunft benötige. Es ist unglaublich wieviel bereichernder meine Reise wird, sobald ich die abtrampelten Pfade verlasse. Die Bootsmenschen haben mich auf ein lokales Boot gesteckt, dass mich durch die Backwaters fährt. Eigentlich ist es ein Wassertaxi für die einheimische Bevölkerung, aber es lässt sich auch als Führungsboot benutzen. Ich fuhr die Flußarme an Palmenwäldern und vereinzelten Häusern entlang, passierte Fischerboote, deren Fischer im Wasser standen, um die Netze zu kontrollieren, und bemerkte, dass ein großteil der Bevölkerung hier islamisch geprägt ist. Auf der Rückfahrt verfolgte ich gespannt den Sonnenuntergang vom Boot aus, wie er die Fischernetze und die Palmen in ein leichtes Rot tauchte und sich im Wasser spiegelte.
Zurück in der Kleinstadt entschied ich mich den Zug nach „Calicut“, einer der größten Städte Keralas, zu nehmen, weil es dort vermutlich bessere Übernachtungsmöglichkeiten gibt. Ich lief also zu dem kleinen Bahnhof, der absolut verlassen aussah, und fand zum Glück einen geöffneten Ticketschalter. Der Mann gab mir ein Ticket für die ersten beiden Wagons, die für unreservierte Tickets frei gehalten werden, und machte mich noch daurauf aufmerksam, dass bald ein geplanter Stromausfall folge. Es ist hier ganz normal, dass der Strom für eine Stunde pro Tag abgeschaltet wird, da die Kraftwerke den Bedarf an Strom nicht konstant decken können. Eigentlich könnten wir dies auch in Europa anwenden, sozusagen als passiven ökologischen Beitrag für alle. Ich habe gerade diesen Gedanken weitergesponnen und mit mir selbst über die Machbarkeit diskutiert, aber bin leider bei einer Grundsatzdiskussion gelandet.
Ich saß also im stockdunklen Bahnhof, sah ein paar Lagerfeuer in der Ferne und verfolgte ein Licht auf mich zukommen. Es war eine Gruppe von 6 Männern, die über die Schienen stiegen und mich quasi umzingelten. Ich hatte ein recht mulmiges Gefühl, weil die tiefschwarze Nacht und der verlassene Bahnhof mein Gefühl des Misstrauens gegenüber der Gruppe noch verstärkten. Der eine fing an zu reden: „May I introduce myself ...“ (Dürfte ich mich vorstellen ...) und ich kam mir vor wie in den Mafiafilmen (Sorry Salvo ;-), es bleibt wohl für immer an Sizilien haften!), in denen sich der Pate vorstellt, was nichts Gutes zu bedeuten hatte. Letztendlich musste ich nur mit dem Paten reden, um mein Leben zu retten. Sie waren alle Handwerker aus der Stadt und wussten, dass ein Tourist in der Stadt war und kamen aus Neugier, sowie dem Ehrgeiz ihr Englisch zu verbessern. Ich finde es ein bisschen beängstigend, dass die ganze Stadt wusste, dass ich da bin und vor allem, wo ich bin.
Der „Pate“ war Rikschafahrer bei Tage und sprach ein erstaunlich gutes Englisch, obwohl er nie Englischunterricht hatte, weil er die Schule nur bis zur 4. Klasse besuchte. Er hatte aber ein großes Interesse für Sprachen und nutzte jede Gelegenheit, um sich zu verbessern, besonders wenn sich mal ein Tourist in die Kleinstadt verirrte. Für mich ist es sehr bewundernswert und auch ein wenig traurig, weil ich mich frage, was wäre, wenn er die Freiheit unserer Möglichkeiten gehabt hätte.
Ich ließ ein paar meiner Gedanken beim „Paten“, verabschiedete mich und stieg in den vollsten Zug meines Lebens. Unreserviert Reisen heißt Stehgarantie mit gratis Massenkuscheln. Es machte mir nichts aus in den Wagon mit Holzbänken zu steigen, weil ich eh die ganze Zeit stehen musste. Ich habe keine Platzangst, keine Berührungsängste und überrage die meisten Inder um einen Kopf, was lebensnotwendige Voraussetzungen sind, um in den ersten beiden Wagons in Indien zu reisen und zu überleben. Es war sehr warm, die Luft war stickig und ein Geruchscocktail aus Schweiß, Urin und Scheiße verstärkte den Stress auf die Passagiere, so dass es zu einer kleinen Rangelei kam, die zum Glück nicht in einer Massenschlägerei endete.
Ziemlich übermüdet und leicht gestresst kam ich in „Calicut“ an und begab mich um 23 Uhr auf Hotelsuche. Was ich nicht wusste, war die Tatsache, dass eine große Hochzeit in der Stadt stattfand und keine Zimmer mehr zu finden sein würden. Ich lief durch die ganze Innenstadt und fragte mich in 10 Hotels durch, bevor ich zum Bahnhof zurückging und mich auf den Boden im Warteraum neben die anderen Passagiere legte.
Es ist jetzt 8 Uhr morgens, ich trinke meinen 4. Chaitee und frage mich, was mich gestern geritten hatte, dass ich Bus, Boot, Bahn gefahren und getrampt bin, um 300 km zurückzulegen, 2 Forts zu besuchen und auf den Backwaters rumzutuckern. Ich glaube, dass es in dem natürlichen Chaos Indiens liegt und ich es deshalb so sehr genieße.

Wednesday 9 January 2008

Zugfahren ist Indien

Ich bin gestern Morgen nochmal zum Strand gegangen, um kurz ins Meer zu springen, bevor ich mich auf den Weg nach Mangalore gemacht habe.
Mein Strandgang lässt sich gut als Kameraflug beschreiben und beginnt mit dem Flug durch die Straße, die zum Strand führt , vorbei an zahllosen Geschäften, Internetcafés und Reisebüros, die das Leben des Pauschaltouristen erleichtern. Am Strand angekommen, leuchtet das blaue Meer und der wolkenlose Himmel der Kamera entgegen. Ein Schwenk nach links und nach rechts offenbart grüne, hochragende Palmen hinter der Strandpromenade, die mit Restaurants, Sonnenstühlen, Fischerbooten und Volleyballnetzen gepflastert ist. Durch das Bild der Kamera laufen dünne, dicke, schöne, hässliche, aber allesamt sperrlich bekleidete Menschen, die sich in der Sonne brutzeln lassen. Plötzlich zoomt die Kamera auf eine Frau, die um die 50 ist und deren Oberkörper komplett entblößt, jeder nichts ahnenden Kamera ihren schönheitsoperationsgedrillten Busen aufzwingt. Der Kamera wird es jetzt zuviel und sie schwebt weiter, um den Busen und dessen deutlich sichtbare Operationsnarben zu vergessen.
Nach diesem leichten Strandschockerlebnis bin ich heilfroh in den Zug nach Mangalore gestiegen. Ich hatte fast vergessen wie schön und interessant das Zugfahren in Indien ist. Während der ganzen Fahrt saß ich neben einer brasilianisch-indischen Familie, die in Indien Urlaub macht, um ihre Verwandten zu besuchen. Wir unterhielten uns sehr gut, aber was mir am stärksten in Erinnerung geblieben ist, war eine sehr lustige Handlung des Gatten der Brasilianerin, die einen sichtbaren Bartwuchs (muss wirklich schlimm für sie sein) hatte und sich wahrscheinlich rasieren musste. Der Ehemann näherte sich zärtlich mit seiner Hand dem Gesicht seiner Frau und zupfte vor meinen Augen ein abstehendes Barthaar aus ihrem Gesicht. Zwei Sekunden der Stille und wir alle lachten herzlich auf.
Sehr witzig war auch das permanente Grölen der indischen Jugendlichen, sobald wir mit dem Zug durch einen Tunnel fuhren. Sie hielten diese Prozedur wirklich sechs Stunden lang während der ganzen Zugfahrt durch.
Am späten Abend aß ich Dosai und schaute in die tiefschwarze Nacht, während der Zug durchs Nichts zu schweben schien. Ich hatte das Gefühl völlig losgelöst von der Welt mit dem Zug durch die Unendlichkeit zu fahren. Die Unendlichkeit war doch sehr endlich und ich bin sehr zufrieden in Mangalore angekommen.

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