Monday 29 October 2007

Perspektivischer Wechsel

Ich sitze jetzt im Bahnhof "Chennai Central" und bin auf dem nach Bangalore, um Roopa zu besuchen. Es ist das erste Mal, dass ich mich von den Menschenmassen erschlagen fuehle, seit ich in Indien bin. Der Kontrast zwischen Chennai und Pondicherry, aber vor allem zu Auroville, ist extrem stark. Pondicherry wurde von den Franzosen entworfen und versprueht eine sehr europaeische Atmosphaere. Die Strassen sind breit, nicht verwinkelt und der Verkehr ist relativ gesittet. Hier in Chennai fuehle ich wieder, dass ich in Indien mit seinen Superlativen bin. Auroville empfinde ich eher als eine paradisische Insel mit ihrer ganz eigen Kultur. Es erstaunt mich und es macht mich nachdenklich, dass ich in Auroville so gut wie keinen Kontakt zu Tamil (Inder aus der Region "Tamil Nadu") habe. Ausser meinen Capoeira Schuelern und ein paar Haushaeltern in den Gebaeuden von Auroville, treffe ich fast ausschliesslich westlich gepraegte Menschen.
Mit Distanz betrachtet, ist Auroville eine Enklave, die noch sehr viel zu tun hat, um ihre Ziele zu erreichen. Ich denke, dass es sehr fragwuerdig ist, warum jedes Haus in Auroville eine Haushaelterin hat (bisher hatten alle Haeuser, die ich gesehen habe mindestens eine Bedienende Person), die auch ziemlich schlecht bezahlt wird. Sie schreiben, dass sie den Menschen aus der Region helfen, da sie Arbeit und Einkommen generieren, aber aus moralischer Sicht empfinde ich es heuchlerisch, wenn sie die Einheit der Menschen proklamieren und dennoch billige Arbeitskraefte ausnutzen, um es bequemer zu haben. Eine Haushaelterin verdient zwischen 1500 und 2000Rs pro Monat, was im Vergleich zu einem Aurovillianer, der 5000Rs pro Monat verdient und am Existenzminimum lebt, schon sehr wenig ist. Ich verbrauche knapp 15000Rs pro Monat hier in Auroville und gebe schon viel weniger aus, als wenn Reisen wuerde.
Wenn ich weiter ueber Auroville reflektiere, komme ich mehr und mehr zu dem Schluss, dass es wirklich eine kleine eigene Welt unter einer Glaskuppel ist. Als ich z.B. in dem Zug von Pondicherry nach Chennai sass, kam zum ersten Mal seit zehn Tagen wieder ein Bettler auf mich zu, was mich stark iritierte.
Neben diesen kritischen Gedanken, bin ich aber sehr zufrieden wieder zu Reisen und neue Eindruecke aufzusaugen. Nach Auroville werde ich in einer Woche wieder zurueckkehren und schauen, ob es immernoch die gleiche Magie versprueht wie am Anfang.
Es hatte in den letzten Tagen auch extrem viel gregnet und heute war der erste Tag mit wundervollem Sonnenschein und blauem Himmel. Mit der vorbeiziehenden Landschaft aus meinem Zugfenster, spuerte ich auch die Reiselust wieder in mir wachsen.

Wednesday 24 October 2007

Neue Herausforderungen

Ich liege jetzt auf meiner Matratze im Baumhaus unter einem Moskitonetz, dass, nachdem ich zehntausend Löscher gestopft habe, hoffentlich dicht ist. Es ist lustig zu beobachten, wie die kleinen Biester außen an meinem Netz sitzen und hoffen, dass ich mich im Schlaf an das Netz lehne. Ich habe auch zwei Lecks in meinem Dach, durch das ein bißchen Regenwasser tropft, aber es ist nicht besonders viel. Ich habe noch nicht den Elan gefunden die Löscher zu stopfen und benutze einfach zwei Eimer zum auffangen des Wassers.
Ich war heute bei der Registrierungs- und Finanzstelle von Auroville und habe meinen Aufenthalt hier bis Anfang Januar verlängert. Ich bin mir sicher, dass ich es nicht bereuen werde hier länger zu bleiben. Es wird mir immer klarer, dass ich meinem Gefühl folgen muss, egal welche Risiken oder Veränderungen es birgt. In Thailand wollte ich eigentlich einen Tauchschein (ca. einen Monat dauer) machen , aber es fühlt sich jetzt total nichtig an.
Als ich zum Registrierungsbüro lief, kam ich am Radio von Auroville vorbei und las den Aushang für offene Positionen als Voluntariat. Da die FM Frequenzen von der indischen Regierung kontrolliert und nur sehr limitiert vergeben werden, wird das Radio fast ausschliesslich als Internetradio betrieben. Technologisch will sich das Radio weiterentwickeln und daher brauchen sie Hilfe technischer wie auch redaktioneller Art. Ich habe tagsüber relativ viel Zeit und hab mich auch gleich in ihrem Büro gemeldet, um mich vorzustellen. Jetzt bin ich also Schaffender im Auroradio und ihr werdet vielleicht bald meine ersten Gehversuche auf diesem Gebiet im Internet verfolgen können. Ich bin schon sehr gespannt, zu erfahren wie der Radiojournalismus funktioniert.
Sportlich bzw. konditionstechnisch bewege ich mich gerade in meinem Grenzbereich. Gestern bin ich z.B. auf einer Radtour um einen See in der Nähe vom Auroville mitgefahren. Sie haben mich vorher drei mal gefragt, ob ich wirklich fit sei und ich bejahte, obwohl ich kein Frühstück gegessen hatte. Es stellte sich heraus, dass sie „Hardcorecycling“ betreiben und mit einem Affenzahn durch Wald und Wiesen rasten. Ich schwitzte wie irre und war fast tot als wir wieder zurück waren. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, das mein Fahrrad nicht das Allerbeste war und mein Arsch immernoch schmerzt. Zu diesen Konditionsspitzen trainiere ich zweimal pro Tag Capoeira (1x unterrichten und 1x reguläres Training).
Ich bin sehr erstaunt, wie schnell ich mir hier eine Art Alltag aufgebaut habe, ohne viel dafür zu tun. Es passiert alles sehr natürlich und ich frage mich, wie es sein wird, wenn ich in fünf Tagen wieder auf Reisen gehe um Roopa (hat auch in Manchester studiert) in Bangalore zu besuchen.

Monday 22 October 2007

Zurück zu den Wurzeln um vorwärts zu gehen

Es ist unglaublich wie schnell ich in die Kommune hier integriert wurde. Ich lebe jetzt kostenlos in einem Baumhaus auf dem Gelände des „Youth Center“ und helfe bei ihren Projekten mit. Wir sind gerade dabei ein Dach für das Haupthaus zu errichten und verwenden dafür nur natürliche Baumaterialien, ok vielleicht nicht ganz, weil wir ein paar Nägel und ein bisschen Draht benutzen, aber der Rest kommt aus dem Wald hier. Es macht sehr viel Spaß handwerklich tätig u sein und die Gruppendynamik ist sehr gut. Nebenbei habe ich heute auch meinen ersten Baum in luftiger Höhe gestutzt. Ich bin also auf den Baum geklettert, habe mich am Anfang ein wenig unsicher gefühlt, aber das verging ganz schnell und als der abgefallen ist, bin ich wie auf einem Katapult nach oben geschossen. Es ist nichts passiert, da ich das Knacken gehört hatte und mir einen festen halt suchte. Es ist ziemlich krass zu spüren, wieviel Kontakt ich eigentlich schon zur Natur verloren hatte. Erst jetzt spüre ich wieder die Selbstverständlichkeit, die ich als Kind hatte, alles zu probieren, wie z.B. das Baumklettern und das Budenbauen (in einer etwas größeren Dimension).
Das Unterrichten des Capoeiras läuft sehr gut, solange die Schüler auftauchen. Ich bemerke wieder, dass Inder eigentlich niemals nein sagen, egal was man sie fragt. Es war eine „Putz-Puja“ bei der alle Werkzeuge geweiht werden und ich fragte meine Schüler, ob sie wirklich kommen wollen, alle antworteten ja und im Endeffekt kamen 2 nach einer Stunde, aber da war ich schon auf dem Heimweg. An Wochentagen ist es meine Hauptbeschäftigung für den Nachmittag.
Auroville ist so groß, dass ich den Vormittag und Mittag zum erkunden aller Gebäude und Einrichtungen nutze.
Am Abend war dann eine große Pizzarunde mit fast allen jungen Aurovillern und Gästen wie mich. Die Pizzen waren sehr lecker und die Gespräche verliefen sich ein wenig in dem Fragen nach Namen, Herkunft und Sprachen. Ich werde das bald ablegen dannach zu fragen, weil es ein Bild von den Menschen zeichnet, dass ich eigentlich gar nicht im Vornherein haben möchte. Ich glaube, dass das Bewusstsein und vor allem das Geühl wirklich in einer einzigen Welt zusammen zu leben, hier sehr stark in mir gefördert wird. Die Frage nach Identität bezogen auf die Nationalität löst sich somit von selbst.

Thursday 18 October 2007

Yoga, Capoeira, Monsun und die junge Kommune

Ich war heute bei einer Ashtanga Yoga Klasse, die ziemlich fordernd war. Beim Ashtanga Yoga werden physischen Übungen (Asanas) in einer Sequenz ausgeführt und mit einer Atemtechnik kombiniert. Ich habe wie irre geschwitzt, obwohl wir uns kaum bewegt hatten. Die Übungen waren sehr anstrengend, aber weniger meditativ und ich fühlte mich weniger ausgelassen als beim Trika Yoga in Rishikesh. Hinzu kam noch, dass eine Einheit 560Rs (11€) kostete, was für westliche Verhältnisse schon teuer ist und mich daher nicht gerade zum Wiederkehren animierte.
Als ich vom Yoga zurückkam setzte ein massiver Monsunregen ein, der eigentlich den ganzen Tag andauerte. Es schüttete aus allen Kübeln und vor mir baute sich eine Wand aus Regen auf. Ab und zu sind kurze Pausen, in denen man versuchen kann trocken von einem Ort zum anderen zu kommen. Gegen Mittag versuchte ich also in diesem kleinen Zeitfenster trocken zur Solarküche zu kommen, aber im Endeffekt wäre es besser gewesen nackt zu fahren und sich die Klamotten dann wieder anzuziehen. Die Fahrt im warmen Monsunregen war wirklich schön, jedoch hatte ich Angst, dass mein Motorrad versagen würde, da sich ganz schnell riesige und tiefe Pfützen bildeten.
Pitsch nass kam ich also an und genoss aber dann mein leckeres südindisches Mittagessen bestehend aus Idli, Reis, Dosas und verschiedene Currysoßen. Idli ist eine art Reiskuchen, den man sehr gut in die Soßen dippen kann. Von der Konsistenz könnt ihr euch gepressten Couscous vorstellen. Dosa ist eine Art Eierkuchen, der aber hauchdünn und knusprig zusammengerollt ist.
Ich habe mich während des Essens wieder mit einigen älteren Aurovillern unterhalten, aber gewinne dem fast nichts mehr ab, da sie ziemlich verschlossen reagieren, wenn ich kritische Fragen stelle, um das Leben hier besser zu verstehen. Ist halt immernoch ein experimentelles Dorf.
Am Nachmittag traf ich aber zum ersten Mal auf eine junge Aurovillerin (d.h. um die 20/30), die hier geboren und aufgewachsen ist. Sie hat in Holland aber dann studiert und strahlte eine unglaubliche Offenheit aus. Sie spricht 4 sprachen Perfekt (Englisch, Französisch, Tamil und Holländisch) nur weil sie hier im Auroville aufgewachsen ist. Sie musste nichts dafür tun, weil ihre Umwelt es von ihr als Kind forderte. Es ist sehr krass, wie stark wir unsere Kinder und uns selbst begrenzen, obwohl wir eigentlich fähig zu viel mehr fähig sind.
Von diesem sehr interessanten Treffen bin ich dann zur Schule gerast, um den 15 bis 25 jährigen Schülern der Abendschule Capoeira beizubringen. Ich musste erst bei der Direktorin vorsprechen und bekam ihr Einverständnis, nachdem ich ihr fasat mein ganzes Leben erzählt hatte. Die Klasse bestand leider nur aus 9 Jungen/Männern, die ziemlich schnell lernten. Die Inderinnen trauten sich nicht mitzumachen, obwohl Capoeira sowohl Tanz, als auch Gesang enthält. Es hat aber dennoch sehr viel Spaß gemacht ihnen alles mit Händen und Füßen zu erklären. Ich habe immeronch versucht in Englisch zu erklären, aber am Ende habe ich alles ganz langsam vorgemacht und ise haben durch Nachahmung, sowie vielfache Widerholung gelernt. Nach 2 ½ Stunden waren sie und ich ziemlich fertig, aber glücklich. Ich konnte die Begeisterung in ihren Gesichtern lesen, was mich mit Freude erfüllte. Es ist so fantastisch wieviel ich von ihnen emotional zurückbekomme. Sie wollen alle unbedingt weitermachen und so werde ich, solange ich hier bin jeden Tag sie unterrichten und mit ihnen Capoeira spielen.
Am Abend war ich noch beim „Youth Centre“, das wie ein Abenteuerspielplatz mit Küche aussieht. Es war ein sehr schönes Jugendcampflair zu spüren und Shauna (Aurovillerin) und ein Schweizer (lebt hier schon seit 4 Jahren) übten mit den Poi (Ketten mit Feuerbällen an den Enden), was unglaublich schön in der Dunkelheit zu betrachten ist. Es war ein ziemlich deutsches „Sit in“ und als Shauna und der Schweizer weg waren, verzog ich mich auch schnell. Einige Deutsche machen ihren Zivi hier. Ich mochte die Atmosphäre nicht mehr besonders, da sie unglaublich affektiert und pubertär waren und sich mit nichts auseinander zu setzen schienen. Eigentlich die perfekten Kandidaten für die Bundeswehr.

Wednesday 17 October 2007

Auroville oder die Hoffnung der Menschheit

Heute Morgen habei ch leider die Yogaklasse verpasst und bin nach Pondicherry mit meinem gemieteten Morrorad (kostet nur 90Rs pro Tag) gefahren. Die verschiedenen Gebäude und Anlagen vom Auroville liegen soweit auseinander, dass ich die ersten Tage alles mit dem Motorrad erkunden will.
Ich bin nach Pondicherry hauptsächlich gefahren, weil es keine Tankstelle im Auroville gibt und bei dieser Gelegenheit habe ich mir die Stadt ein bißchen angeschaut. Es ist eine schöne kleine Küstenstadt mit einem Mix aus französischer und indischer Architektur, die eine ziemnlich schöne Atmosphäre ausstrahlt. Es war ein bißchen gewöhnungsbedürftig durch Straßen mit französischen Straßennamen zu fahren und das Treiben einer indischen Kleinstadt zu beobachten. Auch das Fahren mit dem Motorrad durch die Stadt hat nochmal eine andere Qualität als das Fahren mit dem Fahrrad. Schon allein wegen der höheren Geschwindigkeit muss ich mich sehr stark konzentrieren, aber auch wegen dem rabiaten Fahrstil der Inder.
Nach dem Tanken fuhr ich zum Strand, an dem das Hotel de Ville (ja, sehr französisch) und eine große Gandhistatue sich befinden. Ich saß also jetzt zum ersten Mal am indischen Ozean und genoß den Wind im Schatten eines Baumes (Es war keine Palme und wenn hätte ich geguckt ob oben Kokusnüsse hängen, die mich erschlagen wollen ;-)), da die Vormittagssonne schon extrem heiß war. Die Menschen hier sind soweit von der Mentalität nicht viel anders als die Inder, die ich in Mittelindien getroffen habe, jedoch unterscheiden sie sich im Aussehn sehr stark. Sie sind extrem gebräunt, wenn nicht schon schwarz, und ich wirke neben ihnen weiß, obwohl ich in meinem Leben noch nie so Dunkel war.
Ich konnte mit dem Strand an sich nicht so viel anfangen, weil ich nicht baden wollte und Sonnen wäre glatter Selbstmord gewesen. Also machte ich mich auf den Weg zum Aurobindo Ashram, der Wirkungsstätte von Sri Auronbindo und der „The Mother“ (der Mutter), den geistigen Führern auf dessen Philosophie auch das Auroville gegründet wurde. Sri Aurobindo`s Philosophie verbindet westliches Denken mit der Spiritualität Indiens und fokussiert hierbei sowohl das göttliche in der Seele, als auch die untrennbare Verbindung zum Körper. Es ist sehr schwierig seine Philosophie hier zusammen zu fassen, vor allem da ich bisher nur eine Einführung gelesen habe.
Nach dem Ashram fuhr ich zurück zum Auroville, um ein paar Auroviller beim Mittagessen inder Solarküche kennenzulernen. Ist ganz ähnlich dem Mensaphänomen an der Uni, wenn man neu ist und sich unters Volk mischen will. Nichts geht über den Mikrokosmos der Mensa. Es sind Menschen aus der ganzen Welt hier, aber ich habe immernoch das Gefühl, dass es stark westlich geprägt ist. Der Kerngedanke von Auroville ist einen Ort der Einheit zu schaffen, in dem alle Kulturen, Nationen und Religionen im Einklang miteinander und der Natur leben. Auroville ist ein Experiment, dass von der Mutter 1968 initiert wurde, und auf Brachland gegründet wurde, dass heute 40 Jahre nach dem Beginn wunderbar grün erstrahlt und eine Oase des Lebens ist. Sie haben hier schon sehr viel erreicht, aber es ist ihnen auch klar, dass noch sehr viel getan werden muss, um dem Ideal gerecht zu werden.
Ich habe heute Mittag mit einer Koreanerin (lebst seit 5 Jahren hier) und einer Brasilianerin (lebt seit einer Ewigkeit hier) gesprochen und sei meinten beide, dass Auroville langsam zu stark altert und es junge Menschen brauche, um sich weiterzuentwickeln. Wie wär's, wenn wir alle hier für ein paar Jahre, oder auch bis wir unsere Körper verlassen, leben? Ihr müsst echt diesen Ort erleben. Er spricht von Weiterentwicklung und nicht mehr von Ausbeutung, sowohl der Natur, als auch der Menschen. Eine Gesellschaft, die nicht mehr auf Konkurrenz, sondern auf Schaffenswillen eines jeden Einzelnen basiert, ist doch wirklich erstrebenswert.
In dieser Kommune versuchen sie alles dauerhaft und selbstversorgend zu entwickeln. So besthet die Solarküche bspw. aus einer riesigen Solarschüssel, die genügend Energie in Form von Wasserdampf generiert, sodass 1200 Mahlzeiten gekocht werden können. Dieses ökologische und humanistische Denken setzt sich auch in allen Bereichen des Lebens hier fort und ich fühle zum ersten Mal, dass wir Menschen uns vielleich doch nicht zu Grunde richten werden.
Am Nachmittag fuhr ich zu ein paar Schulen im Auroville, um mit den Menschen zu reden und zu erfahren, wie ihr Leben hier wirklich ist. Es waren sehr unterschiedliche Schulen in ihren Konzepten (einige ähnlich den Montesourischulen) und auch Altersgruppen. Es war eine wunderbare Interaktion zwischen den Lehrern und Schülern, sowie mit mir. Ich bot ihnen an Freiwilligenarbeit zu leisten, um ihnen etwas zurück zu geben. Ich werde morgen also in einer kleinen Runde Capoeira unterrichten. Es wird bestimmt lustig, weil sie fast alle nur Tamil, die Sprache im „Bundesland“ Tamil Nadu, sprechen und der Lehrer übersetzen muss.
Am späten Abend half ich noch einer Aurovillerin beim Aufbau eines Beamers für ein DVD Vorführung über gewaltfreie Kommunikation, während ich auf den Beginn meines Meditationstanzkurses wartete. Der Kurs fiel leider aus, aber das Gespräch mit ihr (sie war ungefähr 60) war sehr interessant. Sie ist einer der Pioniere im Auroville und kam 1972 im Alter von 27 hier her. Sie schien so unglaublich Glücklich zu sein, dass es schon ein wenig beängstigend war. Ist doch seltsam, dass es ein bisschen beängstigend war, obwohl wir diesen Zustand anstreben.
Ich bin gerade am Überlegen, ob ich nicht hier länger bleibe, bis zum Ende meines Indienaufenthaltes. Ich möchte mehr von Indien sehen, aber fühle mich hier so wohl. Mmh, kann mich nicht wirklich entscheiden und werde wohl die nächsten Tage darüber entscheiden lassen.

Tuesday 16 October 2007

Die Mammutfahrt

Es sind fast 40 Stunden vergangen, seit ich in Kolkatta in den Zug gestiegen bin. Es ist 5 Uhr morgens und ich warte auf meinen Anschlusszug nach Pondecherry, der einzigen franzoesisch gepraegten Stadt Indiens. Uebrigens habe ich auf der Fahrt den Roman "The Life of Pi" gelesen, der teilweise von Pondecherry handelt, aber an sich eine wunderbare Geschichte ueber das Leben und Ueberleben ist. Kann ich sehr als gute Nacht Geschichte empfehlen. Ist witzig, unterhaltsam und bildend.
Eigentlich hatte ich ein Ticket fuer den Zug um 15:30 Uhr nach Pondecherry gebucht (150Rs), jedoch kam der Zug aus Kolkatta, zu meiner Ueberraschung, 1 1/2 Stunden frueher an als erwartet. Ich lief zum Ticketschalter, der um 4 Uhr Morgens geoeffnet hat, und erstand ein Ticket fuer den Zug um 6:35. Halb aus dem Bett fallend und im Halbschlaf machte ich mich auf dem Weg zur "Chennai Egmore" Station, da alle Zuege Richtung Westen und Sueden von dort abfuhren. Ich musste ein Taxi oder eine Rikscha nehmen und bemerkte, dass sich das Feilschen schon als Automatismus ausgepraegt hatte. Nachdem ich mit 3 Fahrern gefeilscht hatte, ueberzeugte ich den 4. fuer 25Rs mich nach Egmore zu bringen, was ein fairer Preis war.
Ich glaube, dass es sehr witzig waere, wenn ich in Deutschland zu Lidl gehen wuerde und anfange zu feilschen: "Aehmmm, der Broccoli sieht schon ein bisschen gelb aus, ich nehm ihn fuer 50ct, ok?? Nein? 60ct? ... bis sie mich rausschmeissen!"
Die 200km nach Pondecherry stellten sich als ueberaus anstrengend heraus. Ich sass auf Holzbaenken und aenderte meine Sitzposition alle 5min auf der 5stuendigen Fahrt. Auf halber Strecke kaufte ich mir Chapati (Flachbrot) und Dal (Mungobohnensuppe) zum Fruehstueck. Als eine Frau mit zwei Kindern sah, wie ich die Suppe restlos aufsaugte, bot sie mir etwas von ihrem selbstgemachten Chapati an. Es war superkoestlich, viel besser als das gekaufte von den Bahnhofsverkaeufern, da sie noch eine Art Zwiebelknoblauchpaste draufgeschmiert hatte, die einfach goettlich koestlich war. Ich bot ihr spaeter ein paar Suessigkeiten als Dank an, jedoch lehnten sowohl sie, als auch die Kinder ab. Ich habe in dem Zug noch ein sehr schoenes altes Paar photographiert, das sicherlich aus der untersten Kaste stammte. Ich verstaendigten uns mit Haenden und sie suggerierten mir, dass sie gern ein Photo aus meiner Kamera haben wollen. Als ich ihnen verstaendlich gemacht hatte, dass die Bilder in der Kamera sind und ich einen Computer zum Drucken brauchte waren sie ein wenig traurig. Ich wollte ihnen das Bild mit der Post schicken, aber entweder hatten sie kein festes zu Hause oder sie konnten nicht schreiben. Das machte mich wiederrum ein traurig. Wir verabschiedeten uns sehr herzlich und ich war ganz schoen peinlich beruehrt als die Frau mir einen Handkuss gab.
Auf dem Bahnhof meldete sich gleich eine westlich aussehende Frau und meinte, dass in der Stadt kein Zimmer mehr frei waere, wegen irgendeinem Festival. Ich versuchte mein Glueck und rief eine Rikscha, um mich zur ersten Addresse in meinem Guide fahren zu lassen. Die Frau am Bahnhof hatte leider recht.
Ihr muesst euch meinen Zustand vorstellen. Ich war seit ca. 50 Stunden unterwegs, die Mittagssonne brannte imens, ich stank wie ein Iltis und ich musste zu allem ueberfluss gerade sehr dringend auf Toilette. Nachdem auch das dritte Hotel voll war, erleichterte ich mich in einem Restaurant (auf der Toilette natuerlich ;-) ). Ich fuehlte mich auch gleich verpflichtet dort zu essen und hatte eines meiner teuersten Essen ueberhaupt in Indien. Uebrigens nicht besonders gut, nachdem ich die goettlichen Chapati gegessen hatte.
Gesaettigt, erleichtert und abgekuehlt, entschied ich mich das Auroville (www.auroville.org) anzurufen und direkt dort hinzufahren ohne in Pondecherry zu uebernachten.
Das war eine wirklich exzellente Idee, da die Atmosphaere hier im Auroville totale Entspannung verspricht und ich mich schon jetzt puddelwohl fuehle.
Ich sitze jetzt im Solarcafe und esse sehr gutes und ausgewogenes Essen (natuerlich gibt's hier kein Fleisch, aber das macht gar nichts.) Die ganze Umgebung ist sehr gruen und strahlt eine unglaubliche Ruhe aus. Das ist der erste Ort in Indien, an dem ich fuehle, dass ich hier laenger verweilen koennte. Alle bisherigen Staedte und Orte waren sehr interessant und inspirierend, jedoch fehlte das gewisse Etwas, dass mich zum Bleiben animiert.
Ich habe schon ein paar Teile von Auroville gesehen, aber nicht wirklich betrachtet. Ich werde mehr berichten, sobald ich mehr gesehen und mehr verstanden habe. Bisher ist Auroville eine sehr abstrakte Idee.

Sunday 14 October 2007

Wer ist wer?

Ich sitze jetzt im Park vom „Viktoria Memorial“ und erhole mich von den Strapazen der Jeep- und Zugfahrt (19h). Die Jeepfahrt war diesmal weniger ermüdend, dafür aber beängstigender, da ich die Auswirkungen des Monsuns direkt sehen konnte. Teilweise fuhren wir über Straßen, die nur noch zur Hälfte existierten, weil der Rest die Klippen runtergestürzt war und ich fragte mich, ob die andere Hälfte nicht auch gleich samt Jeep und Insassen runterstürzen würde. Der Aufprall dürfte aber nicht ganz so schmerzhaft sein, da wir 13 Personen in einem Jeep waren, der normalerweise für 5 Personen ausgelegt ist. Die Jeeps wurden zwar so umgenbaut, dass die Ladefläche als Sitzfläche genutzt werden konnte, jedoch quetschten sich teilweise 5 Menschen auf eine Sitzbank. Meine Bedenken nicht anzukommen wurden noch größer, als ich eine Rettungsaktion eines Busses sah, der halb auf der Straße, halb in den Klippen hing. Wie ihr lesen könnt, sind meine Befürchtungen nicht bestätigt worden, ich sitze jetzt wieder im Flachland und muss mich wieder an das subtropische Klima gewöhnen.
Mir ist erst auf der Runterfahrt aufgefallen, dass ich schon lange keine Kühe mehr gesehen hatte. Dies sprach eindeutig dafür, dass ich den hinduistischen Teil Indiens verlassen hatte. Der Nordosten Indiens ist stark vom tibetischen Buddhismus geprägt und die Rinder müssen hier um ihr Leben fürchten. Jetzt erinnere ich mich auch daran, dass ich wie selbstverständlich eine delikate Thenuk (tibetische Breitbandnudeln) Suppe mit Rindfleisch und Spinat in Gangtok verspeist hatte. Ich glaube, dass ich das Rind durch meinen Gaumen mehr huldige als manch Hindu, der die Kühe verscheucht.
Als ich um 7 Uhr früh in Kolkatta ankam, spürte ich sofort, dass ich wieder in einer Großstadt war, in der Verkäufer, Taxifahrer und RikschaLÄUFER (!!!) mich belagerten. Ich fühle mich schon ein wenig unwohl, wenn ich Fahrradrikschas benutze, aber hier in Kolkatta treiben sie es zu weit. Sie spannen einen Menschen vor den ca 1.50m hohen Karren und lassen ihn barfuß durch die Straßen rennen.
Kolkatta war die Wirkungsstätte von Mutter Theresa und soll sich in Sachen Armut verbessert haben, jedoch kann ich mir nur vorstellen, dass es sich von absolut schlecht zu sehr schlecht entwickelt hat. Die Gegensätze zwischen Menschen in den Slums und Anzugmenschen in den Hochhäusern sind unübersehbar. Auf dem Weg zum „Mutterhaus“ brauchte ich dann auch keine Karte, da mich alle möglichen Menschen, auch ohne das ich sie fragte, mir den Weg zum Haus wiesen. Es war ein einfaches, mehrgeschossiges Haus, in dem ein Gedenkzimmer mit einem Grabstein für Mutter Thersa (ihre Asche wurde in dem unteren Zimmer aufbewahrt) und ein Informationszimmer über ihr Leben und Wirken eingerichtet waren. Die anderen Zimmer und Etagen wurden von den Schwestern des „Wohltätigkeitsordens“ genutzt. Ich verweilte in der friedlichen Atmosphäre einen Augenblick und genoß die Ruhe.
Als ich dann weiter durch die Straßen Kolkattas lief, folgte ich nur meinem Kompass Richtung Westen. Ich ging durch viele kleine Gassen, die Abends bestimmt nicht ungefährlich wären, aber bei Tage wunderbar gesäumt von kleinen Ständen und Straßenküchen waren. Menschen wurden hier direkt auf der Straße rasiert, alte Herren spielten Karten und Kinder spielten den Volkssport Nummer eins in Indien: Cricket.
Irgendwann stieß ich auf den „New Market“ einem Markt, der sich auf ein ganzes Viertel ausdehnte und in dem sich Massen von Menschen drängten. Hier waren so viele Menschen, dass ich kaum treten konnte. Sogar mein Fluchtversuch, wahrscheinlich eine Instinktreaktion ;-), endete in einer kleinen Gasse, die voll von Menschen war. Solche Menschenmassen stellte ich mir eigentlich in allen indischen Großstädten vor.
Nachdem ich mir letztendlich den Weg durch die Massen gebahnt hatte, ging ich zum Hotel zurück, um mich ein wenig frisch zu machen.
Am Abend war ich mit einem Freund von Farheen (aus Mumbai) verabredet, dessen Nummer ich von ihr erhalten hatte. Ich rief ihn an und wir verabredeten uns vor dem Hotel.
Als ich rauskam, kam er sofort auf mich zu, begrüsste mich mit einem komischen Englisch, zerrte mich in eine Rikscha und stieg nach einer kurzen Fahrt plötzlich wieder aus, ohne den Fahrer zu bezahlen. Wir gingen in ein Restaurant etwas essen und als ich versuchte eine Konversation zu starten, antwortete er sehr komisch auf meine Fragen. Ich musste meine Fragen wiederholen, da er mich kaum verstand. Ich fragte ihn woher er Farheen kenne und er antwortete nur, dass er sehr viele Freunde habe. Ich konnte es kaum fassen, dass Farheen solch einen Freund hatte. Er erzählte mir, dass er Englisch und Hindi studiere, aber in einem Reisebüro gleich auf meiner Straße arbeite. Er war der typisch Menschenschlag von Verkäufern, die ich normalerweise auf der Straße ignoriere. Als er mir dann noch mit einem Grinsen anbot ins Bordell zu gehen, fragte ich ihn nochmals ganz präzise nach wer er sei. Es kam heraus, dass er gar nicht Aditya war, sondern Didi sei. Ich überlegte kurz, ließ ihn stehen (ich hatte das ganze Essen schon bezahlt) und rannte zum Hotel zurück. Dort sagte man mir, dass jemand zwei mal angerufen hatte. Ich konnte es gar nicht fassen, dass ich mit irgendjemanden losgegangen bin und zu Abend gegessen habe, zum dem wirklich gar keine Verbindung hatte. Ich rief Aditya erneut an und wir verabredeten uns in einem Cafe. Wir mussten beide herzlich darüber lachen. Ich war in einem positiven Schockzustand und konnte es immernoch nicht fassen, was passiert war. Vor allem aber, dass der falsche Aditya die ganze Zeit mich an der Nase herumgeführt hatte.
Der richtige Aditya war dann auch die Art von Person, die ich erwartet hatte. Er sprach ein sehr gutes Englisch, war gebildet und mir sehr sympathisch. Wir unterhielten uns eine Weile über Indien, Deutschland und Vietnam, er gab mir Tips für meine Weiterreise und wir tauschten unsere Emailaddressen bevor wir uns verabschiedeten.
Vielleicht kaufe ich mir doch ein indisches Handy, weil solche „Blindtreffen“ doch auch mal in die Hose gehen können.

Friday 12 October 2007

Madame Unzufrieden

Ich teile mir gerade ein Zimmer mit einer armenisch-britischen Frau, die wirklich eine Frau ist (42). Sie ist noch ziemlich jung im Geiste geblieben, aber entwickelt schon langsam “Altersallüren”. Ich würde sie als Ernährungshypochonda charachterisieren, da sie an allem, was sie zu Essen bestellt, rummäkelt. Ich habe noch nie einen Menschen erlebt, der so viel negative Energie beim Essen versprühen kann. Ich bin der absolute Genussmensch beim Essen und war wirklich gestresst beim und nach dem Essen mit ihr. Irgendwie gebot mir aber meine Höflichkeit den Tag mit ihr zu verbringen, da ich ein Zimmer mit ihr teilte, um möglichst günstig zu übernachten. Hätte ich gewusst, dass es mit solch einem Stress verbunden ist, hätte ich gern das doppelte bezahlt.
Abgesehen von diesen Unzufriedenheitsattacken ihrerseits, war der Tag aber sehr schön, weil ich zwei sehr schöne menschliche Begegnungen hatte.
Auf der Suche nach der “Bhagavadgita”, einer der Hauptsagen der Hindus, worauf Ghandi auch seine Philosophie und Lebensweise begründet, fand ich den ersten richtigen Buchladen, in dem ich mich richtig wohl fühlte. Der Buchladen war sehr gut sortiert und ich hatte das Gefühl, dass der Besitzer mich mit ganzem Herzen beriet. Es gibt nämlich tausend Übersetzungen und Interpretationen der “Bhagavadgita” und er suchte mir die beste und passendste heraus. Wir kamen ins Gespräch und er erzählte mir von seiner Verbindung zu verschiedenen indischen Autoren, z.B. zu Baby Halder, eine bemerkenswerte Frau, die “A life less ordinary” schrieb, ein autobiographisches Buch über Mut und Selbstbestimmung. Neben seinem Buchladen veranstaltet er regelmäßig Filmabende und versucht gerade ein Deutsches Filmfest auf die Beine zu stellen. Ich konnte ihm ein bisschen über die Leipziger Schule, Wim Wenders und die Berlinale erzählen, aber bin auf diesem Gebiet fast Ahnungslos. Wir tauschten unsere Emailaddressen aus und ich versprach ihm mehr Informationen zukommen zu lassen. Er war auch kürzlich in Varanasi, verfasste einen Artikel für eine Kulturzeitschrift und photographierte auch die Bilder für den Artikel. Zum Abschied schenkte er mir die Zeitschrift, was sehr bemerkenswert war, da die Zeitschrift 50Rs kostete und ich für mein Buch nur 160Rs bezahlte, was ihm eigentlich keinen Umsatz ließ. Es sind solche Begegnungen, wenn Menschen wahrhaftig handeln, ohne irgendwelche Hintergedanken, die mich mit absoluten Glück erfüllen. Ich versuchte es der armenischen Britin zu erklären, jedoch meinte sie nur, dass er ja Umsatz gemacht hatte, weil sie auch ein Buch gekauft hatte. Die Wärme, die noch vor kurzem meinen Körper und Geist erfüllte, wich schnell dem kalten Drang unser nächstes Touristenziel zu erreichen.
Wir gingen zum Kunst- und Handwerkszentrum von Sikkim, das auch eine Schule für traditionelle sikkimische Kunst und sikkimisches Handwerk beherbergt. Es war dem tibetischen Flüchtlingslager sehr ähnlich, nur das der Kauf ihrer Waren in die Erhaltung ihrer Kultur floss und nicht zum Lebensunterhalt diente. Als ich in das Zimmer für die Fertigung von Wandtäfelungen ging, sah ich 12 Jungen verschiedene Wandtäfelungen fertigen. Ich konnte die Prozeß vom Entwurf auf Papier, über das Schnitzen bis zur fertigen Lackierung beobachten. Ich sah einen Stapel mit fehlerhaft geschnitzten Rohlingen und fragte den Lehrer, ob ich einen davon kaufen könne. er meinte nur nüchtern, dass diese nicht für den Verkauf seien, jedoch gab er mir eine Täfelung mit einem Zwinkern und verlangte nichts dafür. Ich freute mich riesig und bedankte mich sehr. Er hatte mir nicht nur eine Täfelung geschenkt, sondern ein richitges Unikat. Es sind die Fehler in dieser Täfelung, die mich immer wieder an diesen schönen Moment denken lassen.
Madame Unzufrieden rannte während dessen durch die Klassenzimmer und das Museum, um sich an den Waren im Shop zu befriedigen. Sie kaufte sich sechs Hefte aus handgemachtem Papier und schien zum ersten mal zufrieden zu sein.
Wir verließen dann recht schnell den Shop und machten uns an den Aufstieg zu einem buddistischen Tempel im Nordosten von Gangtok. Nach einer halben Ewigkeit waren wir oben angekommen, weil sie alle 100m eine Pause benötigte. Der Tempel strahlte von außen erhabenheit und Ruhe aus. Im Innern arbeiteten und beteten Möche. Ich ging in einen Raum, in dem ungefähr 100 kleine Kerzenständer auf einem Tisch standen. wovon einige Kerzen leuchteten. Ein junger Mönch gab mir einen Holzspat und hieß mich eine Kerze anzuzünden. Nachdem ich dies getan hatte, sagte er mir, dass pro Kerze ich 5Rs zu zahlen haben. Ich fühlte mich wirklich verarscht,, weil ich diese “Verkaufstricks” von den Händlern auf den Straßen erwarte, aber nicht von einem Mönch in einem Tempel. Ich komme immer mehr zu der Überzeugung, dass Religionen sehr positiv sind, aber in ihrer institutionalisierten Form, sei es Kirche, Moschee oder Tempel, stark korrumpiert sind.
Der Tag ging noch ein bißchen weiter mit ein paar Höhen und Tiefen, die hauptsächlich durch Madame Unzufrieden verursacht wurden. Wir rannten z.B. für das Abendessen durch 5 verschiedene Restaurants, da ihr die Speisekarten oder das Restaurant an sich nicht gefielen. Ich hätte sie fast zu einer Straßenküche geschleppt und sie dort zum Essen gezwungen.
Ich bin heilfroh, dass sie morgen in eine andere Richtung fährt und ich wieder mein Reise wirklich geniessen kann. Ich verstehe kaum, wie man so ignorant und unzufrieden als Reisender sein kann. Glück und Zufriedenheit sind sehr zerbrechlich und ich möchte nicht, dass sie durch Nichtigkeiten zerstört werden.

Thursday 11 October 2007

Geschichte der Wunsch- und Realliebe

Ich sitze jetzt in Gangtok (Sikkim) ca. 100 km von Darjeeling und versuche meine Jeepfahrt zu verarbeiten. Ich bin am Mittag von Darjeeling mit dem Jeep losgefahren und war gegen 5 Uhr in Gangtok. Die Jeepfahrt war fast schlimmer als mein Ausflug im Nachtbus, weil die Straßen saumässig schlecht sind und der Jeep sich im Wellengang der Berge wiegte. Hier Gangtok erlebe ich wieder das Phänomen, dass renomierte Hostels/Hotels sehr viele Namensvettern erhalten, die nur geringfügig anders geschrieben werden, um den gestressten Touristen in ein anderes Hotel zu locken. Neben diesem Backpackeraltagsstress musste ich den ganzen Tag über ein Paar nachdenken, dass neben mir im Jeep saß. Vielleicht versuche ich einfach mal eine Kurzgeschichte darüber zu schreiben.
Der erste Teil der Geschichte entsprang meiner Phantasie und meinem Streben nach wahrer Liebe (ja, irgendwie glaube ich immernoch daran). Der zweite Teil ist leider die pure Realität und meine Wahrnehmung als westlich geprägter Mensch, der versucht nicht zu richten. Es hat mich auf jedenfall ziemlich getroffen und ich verurteile soweit nur die Gewalt. Alle anderen Faktoren entziehen sich meiner Erfahrungswelt.

Tshering – Mädchen/Frau
Dewasish – Junge/Mann

Die Sonne ging gerade am Ufer des Tsomgo Sees auf, der gute 5 Stunden Fußweg von Gangtok entfernt ist. Tshering holte Wasser für die Famlie und ihre Tiere. Vor allem aber, um den Jungen am anderen Ufer zu sehen, dessen Namen sie nicht kannte. Am Tsomgo See existierten zwei Dörfer, die jedoch durch die anhaltenden Konflikte zwischen Nepal und Bhutan verlassen wurden.
Damals ging Tshering täglich das Wasser holen und genoß den 20 minütigen Fußmarsch früh am Morgen, wenn sich der Morgenebel langsam lichtete und das Tagleben des Waldes begann. Es war ein immer wiederkehrendes Ritual und ihr Bewusstsein bemerkte jede kleine Änderung in ihrer Welt.
Eines Morgens jedoch war es keine kleine feine Änderung, sondern ein Erdbeben, dass ihre Welt erschütterte. Sie sah am anderen Ufer einen Jungen sitzen, der etwas hoch in die Luft hielt und in seiner Position eine halbe Ewigkeit verharrte. Nachdem sie völlig gedankenverloren ihn bei seiner Meditation beobachtete, sie dachte, dass er meditiere, erschrak sie, da die Sonne schon über den Wipfeln der Bäume stand. Sie füllte den Eimer und spannte den Trageriemen über die Stirn und rannte nach Hause.
Am nächsten Morgen lief sie, so schnell sie konnte, zum See und beachtete den Wald und die Tiere kaum. Sie hoffte den meditierenden Jungen am See wieder zu sehen. Als sie fast den See erreicht hatte, schlug ihr Herz wie wild und wollte nicht in ihrer Brust bleiben. Ein Glücksgefühl durchströmte ihren ganzen Körper, als sie den Jungen am anderen Ufer erblickte.
Dieses Ritual vollzog sich Jahr um Jahr und sie reifte zu einer wunderschönen Frau heran. Sie fragte die Handelsmänner, die von Dorf zu Dorf zogen, wer der Fischer aus dem anderen Dorfe sei. Die Männer, angezogen von ihrer betörenden Schönheit, antworteten es sei nur der Fischerjunge Dewasish. Nun hatte ihr Gefühl einen Namen, den sie in ihrem Herzen tragen konnte.
Eines Tages jedoch erblickte sie Dewasish nicht mehr. Tag um Tag verging und ihr Gang zum See wurde schleppender und qualvoller. Eines Tages belauschte sie ihren Vater, den Stammesältesten ihres Dorfes, beim Gespräch mit dem Stammesältesten des gegenüberliegenden Dorfes. Er sprach von einem Fischerjungen, der nach Darjeeling gegangen sei um sein Glück zu versuchen und jetzt sehr erfolgreich sei. Als sie dies hörte, packte sie ihre Sachen und verließ ihre Heimat, nur eine kleine Notiz hinterlassend, dass sie ihre Eltern liebe und wiederkommen werde. Ihr Weg durch die Berge war beschwerlich, doch viele gute Seelen halfen ihr dem Ruf ihres Herzens zu folgen.
In Darjeeling fand sie eine Unterkunft und eine Position als Haushälterin bei einem Teeplantagenbesitzer. Dieser war sehr gutmütig und bezahlte ihr so viel Geld, dass sie ihren Eltern immer eine kleine Summe schicken konnte.
Nach einem Jahr fand sie endlich Dewasish und er erkannte sie sofort. Sie standen absolut erstarrt voreinander, als ob der See sie immernoch voneinander trennte. Sie wollte ihn so vieles fragen, doch ihr kam kein Wort über ihre Lippen. Es war eiskalt auf der Straße und der Wolkennebel durchnässte ihre Kleidung. Dewasish sah ihre blauen Lippen und lud sie zu sich nach Hause ein, um sich aufzuwärmen. Sie betrat sein Heim und verließ es mit jubelndem Herzen. Sie trafen sich ein Jahr lang immer bei ihm und sie verlebte die glücklichste Zeit ihres Lebens, doch immer wenn sie von Heirat sprach, wollte brach er das Thema ab und wurde sehr wütend.
Eines Morgens fühlte sie sich schwach und übel. spürte, dass sich ihr Körper veränderte und rannte voll Glück und Freude zu Dewasish. Er öffnete ihr die Tür, sah ihre Freude und fragte, ob sie eine Gehaltserhöhung erhalten hatte. Als er jedoch den Grund ihrer Freude erfuhr, schmiß er sie raus und wollte sie nicht mehr sehen. Sie war am Boden zerstört und weinte Tag und Nacht.
Nach einer Woche kam er zum ersten Mal zu ihr und sah in welchem ärmlichen Verhältnissen sie lebte. Sie verzieh ihm sofort und alles war vergessen.
Im sechsten Monat spürte sie den Drang ihr Baby in ihrer Heimat zur Welt zu bringen, jedoch gefiel Dewasish dieser Gedanke absolut nicht, da er sein Gesicht vor seiner Famlie und dem Dorf verlieren könnte. Er hatte ein Mädchen geschwängert und es nicht zu seiner Frau genommen. Aber viel mehr war er die ganze Zeit nur ein armer Schlucker gewesen, der es nicht schaffen würde eine Familie zu ernähren. Sie liebte ihn über alles und überzeugte ihn doch noch zu fahren, nur um ihre Eltern zu sehen. Sie gingen also gemeinsam zum Jeepstand und stiegen in den Jeep nach Gangtok. Er saß ganz steif da und sie schlang sich liebevoll auf den Sitz um ihn. Nachdem der Jeep sich in Bewegung gesetzt hatte, begannen sie sich zu streiten und als der Jeep hielt um noch eine Person aus Darjeeling mitzunehmen, stieg er über den vorderen Sitz und stieg aus. Sie folgte ihm zur vorderen Sitzbank und öffnete die Tür, doch er schlug sie vor ihrer Nase wieder zu und drückte sie durch das Fenster zurück. Sie öffnete wieder die Tür und sein Gesicht verfinsterte sich. Er schrie etwas mit wuterfülltem Gesicht und stieß die Tür wieder zu. Sie näherte sich dem Fenster um ihn festzuhalten und die Tür zu öffnen, da schlug er sie mit seiner offenen Hand so dass sie ein wenig zurückweichen musste. In ihrer Abhängigkeit und ihrem Wahnsinn näherte sie sich wieder der Tür und öffnete sie. Blinde Wut überkam ihn, er ballte seine Faust zusammen und schlug ihr mitten ins Gesicht. Sie viel auf den Sitz und er entfernte sich vom Jeep. Alle Passagiere im Jeep saßen wie erstarrt in ihren Sitzen, machtlos etwas zu unternehmen.
Als sie sich wieder aufgerappelt hatte, öffnete sie die Tür und stieg aus dem Jeep. Er kam sofort zurück und schlug auf offener Straße auf sie ein. Ließ dies jedoch nach kurzer Zeit bleiben, da er sich langsam seiner Handlung bewusst wurde oder vielmehr sich seines Bildes in der Öffentlichkeit bewusst wurde. Der Jeep fuhr 100 m weiter und wartete, ob sie noch mitfahren wollte. Nach 2 min kamen beide wieder zum Jeep und stiegen ein. Sie weinte stark im Jeep und er redete wütend auf sie ein. Ihre Versuche sich körperlich zu nähern, stieß er mit groben Bewegung von sich. Nach dem sich seine Wut gelegt hatte, schliefen beide ein. Am Ende der Fahrt überkamen sie Schmerzen im Unterleib und er legte seine Arme um sie. Sie schienen ein glückliches Paar zu sein, dass bald ein Baby erwarten würde und das einzige Problem schienen jetzt nur noch ihre Unterleibschmerzen zu sein.

Das Ende der Geschichte bleibt offen, aber in meinen Augen wird es das Baby hoffentlich schaffen seine Liebe zu erwecken oder zumindest seinen Respekt, wenn sie es nicht vermag. Ich hätte ihm am liebsten ihm die Arme gebrochen, aber wie ich oben schon erwähnte, vermag ich nur die Gewalt zu verurteilen. Ich weiß nicht, was ihn wirklich dazu getrieben hat und welchen Lebens-/Liebesbegriff die beiden haben. Es war ein sehr berührender Moment, auch wenn sehr negativ. Das einzige, was ich zu tun vermochte, war ihr ein Taschentuch zu geben, um ihre Tränen zu trocknen. Sogar hier spürte ich seine Dominanz über sie, da sie das Taschentuch nicht annahm, sondern erst nachdem er es nahm und ihr gab.

Eigentlich nicht mehr Indien

Ich bin jetzt in Darjeeling, der Bergstadt (ca. 2500 über dem Meeresspiegel) mit dem besten schwarzen Tee und einer der höchsten Bahnhöfe der Welt. Darjeeling ist extrem stark von den Briten geprägt worden, da es neben dem Tee auch sehr mildes Klima und eine malerische Landschaft besitzt, die es als Erholungsgebiet prädestinieren.
Ich muss hier zum ersten Mal eine Jacke tragen und friere mir bei 18 Grad den Arsch ab. Numerisch ist es eine Halbierung der Temperatur, aber gefühlt ist es eher wie tiefster Winter.
Heute Morgen bin ich um 3:30 (Nachts) aufgestanden, um einen Jeep zum Tiger Berg zu nehmen, der einen 360 Grad Ausblick auf die Umgebung erlaubt. Ich habe die Himalayas jetzt in ihrer ganzen Pracht von fernem gesehen. Das Erlebnis war alles andere als einsam, da ich mir den Aussichtspunkt mit ungefähr 200 Menschen teilen musste. Es war dennoch sehr beeindruckend den Kanchenjunga (der dritthöchste Berg der Welt) und den Mount Everest (höchster ;-) ) beim Sonnenaufgang erleuchten zu sehen.
Nach diesem arg frühen Ausflug genehmigte ich mir ein großes Frühstück in meinem Hotel, das eher eine kleine Familienpension ist. Ich aß tibetische Spezialitäten, da die Familie ursprünglich aus Nepal stammte und deren Küche sich mit der tibetischen ähnelt. Nachdem ich ein sehr leckers tibetisches Brot, das ähnlich dem indischen Bhatura ist, verspeist hatte, fragte ich, ob sie mir morgen früh zeigen könnten, wie sie es zubereiten. Ich bin sehr gespannt.
Mein Plan für die nächsten Tage ist es nach Sikkim (nord-östlicher Teil von Indien) zu fahren. Jedoch gibt es Einreisebeschränkungen für dieses Gebiet, da es genau in der Konfliktzone Nepal-Butan und Tibet liegt. Um dort einreisen zu können, muss man eine Sondergenehmigung beantragen.
Ich musste also hier in Darjeeling zu zwei Ämtern dackeln, um meine Sondergenehmigung zu erhalten. Es stellt eigentlich kein Problem mehr dar, eine Genehmigung zu erhalten, da sich die Lage hier entspannt hat, und ist nur noch eine Formalität, die ein bisschen Fußmarsch erfordet. Bei den beiden Ämtern war eine ganze Meute von Touristen und ich habe mir ein paar Leute gesucht um durch Darjeeling zu ziehen.
Auf dem Weg zum tibetischen Flüchtlingslager, das zirka 700 tibetischen Frauen, Kindern und Männer Arbeit bzw. Bidlung, Unterkunft und Nahrung gibt, liefen wir durch eine sehr schöne alte Marktstraße, die gerade am erwachen war. Es war ein Markt für die Einheimischen und war bisher der authentischste Markt ohne touristischen Klimbim, den ich bisher gesehen habe. Es reihten sich dort Stände von frischem Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch aneinander.
In dem tibetischen Lager fertigen die Flüchtlinge freiwillig traditionell tibetische Produkte wie Teppiche, Schuhe, Schmuck, Schals und Mützen in sehr hoher Qualität. Durch den Kauf im anliegenden Shop kann man die Flüchtlinge direkt unterstützen. Die Preise sind für indische Verhälnisse ziemlich teuer, aber dafür erhält man handgemachte, nicht verwerfliche Produkte und kann vielleicht 1/1000 seines Gewissens beruhigen.
Das Flüchtlingslager fungiert auch als Informationszentrum für die tibetische Gemeinschaft und informiert über die Situation der Tibeter. So kam mir wieder ins Bewusstsein, dass die chinesische Regierung einen Jungen und seine Familie festhält, den der Dalai Lama zum 11. Panchen Lama ernannt hatte. Die dort gezeigten Artikel sind meist mit “jüngster politischer Gefangener” betitelt. Ich glaube, dass nur die chinesische Regierung dies nicht für verwerflich hält.
Ich kaufte mir dann einen schönen und superweichen Kashmirschal in dem Bewusstsein, dass ich sie ein wenig untertstütze. Naja, es hat doch den bitteren Beigeschmack des sich Freikaufens und ich fühle mich nicht wirklich wohl nach dem Verlassen des Lagers.
Die Gruppe wollte dann auch weiterziehen und wir machten uns auf den Weg nach Norden um den sehr renomierten Zoo von Darjeeling zu sehen. Wir liefen querfeldein durch Teeplantagen und erreichten nach kurzer Zeit wieder eine Straße. Wir waren relativ müde und entschieden uns, per Anhalter mitnehmen zu lassen. Es fahren ständig Jeeps zwischen den Städten und Dörfern hin und her, die ähnlich wie Taxis genutzt werden. Unser Jeep hatte nur noch zwei freie Plätze, also entschied ich mich auf dem Dach des Jeeps mitzufahren. Ich hatte schon einige Menschen auf dem Dach mitfahren sehen und wollte es auch einmal erleben. Es war ein sehr schönes und aufregendes Erlebnis den milden Wind zu spüren und die Landschaft ohne Einschränkung zu betrachten. Ein bisschen Adrenalin war auch dabei, da einige Bäume und Kabel nicht besonders hoch hingen und nach meinem Leben trachteten.
Wir kamen genau zur Fütterungszeit beim Zoo an und erlebten relativ stark domestizierte “Wildtiere” wie Wölfe, Bären, Füchse und Tiger, die alle samt kurz vor dem Aussterben sind. Ein kleiner Streifzug durch das anliegende Mount Everest Museum und wir machten uns zurück auf den Weg in die Stadt.
Ich war sehr überrascht von den Menschen in Darjeeling, da hier sehr viele Nepalesen leben und das Straßenbild eher typisch asiatisch tibetisch als indisch geprägt ist. Wenn ich so durch die Straßen hier laufe, sehe ich extrem viele schöne Menschen und ich habe den Eindruck, dass Nepalesen zurückhaltender und schöner sind als Inder.

Sunday 7 October 2007

Kulturclash

Gestern sind wir eigentlich nur Zug gefahren, um die negativen Seiten des indischen Transportwesens, das normalerweise erstaunlich effizient ist, zu spüren. Reisen in der zweiten Klasse im Schlafwagen beinhaltet normalerweise Ventilatoren. Wenn diese jedoch auf halber Strecke ausfallen und man die Mittagssonne fährt, hat man Sauna gratis. Ich weiß nicht wie lange der Weltrekord für Sauna ist, aber 12 Stunden Sauna fand ich schon recht rekordverdächtig.Im Abteil spielten neben uns fünf Zugkinder, die normalerweise den Zug fegen und bettelnd durch den Zug gehen. Ich ließ mein Schachspiel auf der obersten Liege liegen und als ich die Kinder mit meinem Schachspiel an meinem Fenster vorbeirennen sah, war ich stinksauer. Eine Stunde vorher hatten wir noch einen Teil unseres Mittagessens mit ihnen geteilt! Ich sprang also auf, vergewisserte mich nochmal ob es wirklich meine Tüte war und rannte zur Tür. Ich konnte die Gruppe aus der Ferne sehen, wie sie die Tüte mit dem Schachspiel inspizierten. Sie konnten mit dem Inhalt offentsichtlich nicht viel anfangen und als ich winkte, kam einer von ihnen mit gesenktem Kopft zurück und gab mir meine Tüte mit dem Schachspiel. Mein erster erfahrener Diebstahl auf meiner Reise ist also nochmal gut ausgegangen. Angekommen in Varanasi suchten wir uns eine Unterkunft und erfreuten uns der Duschen und dem schlechtesten Essen, dass wir bisher in Indien gegessen hatten.Gegen fünf Uhr morgens sind wir aufgestanden, um den Sonnenaufgang über Varanasi mit dem Boot zu betrachten. Es war sehr touristisch, aber dennoch äußerst schön. Das Boot fuhr uns entlang der Ganges zu den verschiedenen “Ghats” (Uferabschnitte mit Zugang zum Ganges). Sehr unterschiedliche Gebäude, sowohl in ihrer Nutzung, als auch in ihrem Zustand. Zwischen den Massen- und Entwicklungsproblemen Indiens wird nur sehr wenig für die Erhaltung der indischen Kulturstätten und Denkmäler getan.Es gibt entlang der Ghats zwei Verbrennungsghats, an denen die Leichen direkt auf Holzhaufen verbrannt werden. Hierbei wird bei den Leichen noch unterschieden, ob es ein Brahmin (höchste Kaste) oder ein Mitglied einer niederen Kaste ist. Je nach Kaste wurde ein anderer Scheiterhaufen genutzt. Der Besuch des Verbrennungsghats war schon ziemlich seltsam. Einerseits präperierte und schmuckvoll verhüllte Leichen neben den Holzhaufen zu sehen und andererseits badene Menschen, die neben der Asche schwimmen und das “heilige” Wasser trinken. Es hat mir dann des Rest gegeben, als ich einen Hund an einem Knoch mit verkohltem Fleisch nagen sah. Das Frühstück wurde dann erstmal verschoben.Das Verbrennungsghat war aber auch sehr interessant. So, nahm ich keinen Leichengeruch oder Verbrennungsgeruch, außer dem des Holzes, war. Bei der Verbrennung schmeißen sie Sandelholzpulver in die Haufen. Ich vermute mal, dass das den Leichenverbrennungsgeruch überdeckt oder gar neutralisiert. Die Verbrennungen werden 24h an 365 Tagen durchgeführt, da Menschen aus ganz Indien sich hier verbrennen lassen wollen, um direkt in den Himmel zu kommen. Nach Hindumythologie und Glauben ist der Ganges die garantierte Wiedervereining vom Atman (Selbst) mit Brahman (Gott).Interessant war noch, dass ein Feuer existierte, dass seit 3500 Jahren brennen soll. Es war sehr interessant das alles mit eigenen Augen zu sehen, aber zwischenzeitlich fühlte es sich nicht gut an diese Menschen bei ihrem letzten Weg “touristisch” zu beobachten.Wir gingen dann zu einigen Tempeln um auf andere Ideen zu kommen und liefen später vom nördlchsten Ghat bis zum mittleren Ghat ca. 4km am Ufer des Ganges entlang.Am Abend waren wir noch beim Hauptghat, um die “Pujas” zu sehen. Die Zeremonie war sehr besonders groß, weil irgend ein hoher Gast (chinesisch aussehend) anwesend war. Massen von Menschen standen oder saßen an dem Ghat und beobachteten acht junge Brahmin - beachtet: Brahman (Gott), Brahmin (höchste Kaste) – die Zeremonie durchführen. Es war alles sehr feierlich unter Kerzenlicht und traditioneller indischer Musik. Ich konnte leider nicht bis zum Ende bleiben, da ich meinen Zug nach Dajeeling kriegen musste.

Urlaub vom Urlaub

Ich war heute bei meinem ersten Yogakurs überhaupt und fühle mich sehr wohl in meinem Körper. Yoga (Trikayoga) war sehr meditativ und mir wurde mein ganzer Körper bewusster, da die Übungen die Selbstwahrnehmung stärken. Der Kurs bestand aus einer Theoriestunde, in der das Warum und das Wie erklärt wurden, und einer Praxisstunde, in der die anstrengende Umsetzung folgte. Die Theoriestunde war sehr esoterisch und ich konnte mich dem nicht wirklich öffnen. Die Übungen hingegen waren mir sehr zugänglich, wurden mit geschlossen Augen durchgeführt und haben mich vollkommen erfüllt bzw. befreit. Nach ein paar Aufwärmpositionen, die unheimlich auf die Dehnung und die Ausdauer der Muskelatur zielen, folgte die eigentlich Position für den Tag: der Schulterstand, soll den Energiefluss umkehren und dadurch die Alterung des Körpers verlangsamen oder gar stoppen. Ich fühlte mich sehr vital nach dem Yoga, aber ob ich auch nur eine Minute “gerettet” habe, wird wohl nur Yogi wissen ;-).Ansonsten habe ich den ganzen Tag im Schatten gelegen und gelesen. So ein Wohlfühltag mit vollkommener Entspannung ist ein sehr guter Gegenpol zum hektischen Reisen. Jetzt bin ich wieder vollkommen bereit wieder neue Eindrücke aufzunehmen.Am Abend sind die Amis und ich mit einer Motorrikscha von Rishikesh nach Haridwar gefahren, um den Nachtzug nach Varanasi zu nehmen. Wir quetschten uns zu dritt hinten auf die Bank, damit es billiger wurde, da die vordere Bank noch von Anhaltern auf dem Weg besetzt wurde. Plötzlich hielt der Fahrer aber mitten in einem Dorf auf halben Wege nach Haridwar und meinte wir sollen in die andere Rikscha umsteigen. Sehr perplex verneinten wir natürlich, aber sahen dann drei weitere, westlich aussehende Touristen und verstanden, dass in diesem Verkehrschaos doch noch eine Art System herrscht. Wir fuhren dann also zu sechst zum Bahnhof. Zwischendurch steckte ich meinen Kopf aus dem “Fenster”, um mich zu strecken, jedoch ließ ich das schnell sein, da der Gegenverkehr mir sonst die Rübe weggerissen hätte.In Haridwar angekommen, hatte der Zug wie immer Verspätung, aber diesmal nur eine Stunde. Zeit ist ein sehr dehnbarer Begriff und die indische Zeit verhält sich eher wie ein wirklich dicker Fahrradschlauch.

Thursday 4 October 2007

Warum ich Briten nicht mehr treffen will

Ich hatte jetzt mein erstes wirklich negatives Indienerlebnis und es betrifft nicht Inder, sondern meinen mitreisenden Briten. Er ist heute Abend abgereist und wir haben uns nur zufällig kurz getroffen, als er schon mit seinem Gepäck auf zum Bahnhof ging. Ich hatte bei diesem kurzen Gespräch schon etwas komisches an seinem Gesicht abgelesen, als er meinte, dass er das Geld für die Unterkunft bei den Amis gelassen hatte. Zurück in meinem Zimmer kontrollierte ich, ob noch alle meine Sachen vorhanden waren. Es war zum Glück noch alles vorhanden und ich war heilfroh, weil ich meinen Laptop in meinem Zimmer gelassen hatte. Die ganze Umgebung und die indische Familie wirken äußerst vertrauenswürdig. Als ich hoch zu den Amis ging, gaben diese mir 400Rs. Als ich jedoch am Abend mir die Rechnung geben ließ, musste ich feststellen, dass der Wichser (Entschulding) mich um 300Rs geprellt hatte. Es ist nicht wirklich viel Geld, aber es geht um die Handlung und den dadurch verursachten Vertrauensbruch. Naja, es war sehr enttäuschend, aber ist halt ne neue Lektion für die folgende Zeit.Ich kann diesen Tag wohl den Tiefpunkt meiner bisherigen Reise nennen, da ich neben dem Betrug auch herausfand, was mich die letzten Tage geplagt hatte. Es ist ein Mikroorganismus und er wird hier Girdia genannt. Es ist eine Amöbenart, die Durchfall, Blähungen und Röpsen verursacht. Nachdem alle meine Naturmittelchen wie Kohletabletten und Becberin (von meiner Mama) nur die Symptome behandelten, hab ich von den Amis eine Antibiotikakur bekommen, die anscheinend die Viecher zu töten vermarg. Ich bin eigentlich kein Fan von Antibiotika und hab mich lange dagegen gesträubt, aber letztendlich wollte ich mich wieder wohl fühlen, um das Reisen wirklich zu genießen.Eigentlich war der Tag sehr schön und wiegt die Negativerlebnisse sehr gut auf. Ich bin zu ein paar Ashrams gegangen, habe mir angeschaut was sie dort machen, mich in Tempeln erholt, die verschiedenen Hindurituale beobarchtet und mir am Abend die pujas (Zeremonien) am Ufer des Ganges angeschaut.Das schönste Ashram war das “Beatles Ashram”, in dem die Beatles 1968 ihr “White Album” schrieben. Es lag erhöht direkt im Wald und bestand aus vielen kleinen Häusern, die aus Wohnraum und Meditation Kuppel bestanden. Eine sehr friedliche und grüne Atmosphäre. Oeider ist das Ashram, wegen einem Streit zwischen der indischen Regierung und den Geistlichen, geschlosssen und ich musste die Wache am Eingang bestechen, damit ich hineinkomme. Wenn ich so recht überlege, war es das erste Mal, dass ich jemanden bestochen habe, um etwas “verbotenes” zu erreichen. Es fühlte sich seltsam an, weil es sich ganz natürlich anfühlte und die Wache es regelrecht mit ihren Augen forderte.Nach dem Beatles Ashram besuchte ich ein paar öffentliche Tempel, die rechteckig angelegt und grün bepflanzt sind. In den Tempeln selbst befindet sich ein Altar mit einer Form der Gottheit.Ich lese gerade ein Buch über Hinduismus und die fundamentalste Unkenntnis, die sehr verbreitet ist, ist dass der Hinduismus ein Polytheismus ist. Jedoch ist er keineswegs ein Polytheismus, sondern ein Monotheismus der verschiedene Avatare (weltliche Form Gottes auf Erden oder geistiges Bild Gottes) akzeptiert. Es gibt so viele Gottheiten, die Hindus anbeten, aber diese sind bloß eine Erscheinungsform eines allumfassenden Gottes. Sehr interessant ist auch die Tatsache, dass der Hinduismus die einzige Religion ist, die keinen personifizierten “Erfinder” hat (z.B. Jesus, Mohammed, Buddha). Was mir vorher auch noch nicht klar war, ist dass Hinduismus von den Hindus eigentlich nicht als Religion wahrgenommen wird, sondern mehr als eine Lebensweise. Das indische Wort “dharma” hat keine explizite Übersetzung ins Deutsche oder Englische, bedeutet aber irgendwas zwischen Religion und Zivilisation. Hinduismus ist für die Hindus “dharma” und nicht Religion in seiner eingschränkten Bedeutung.Durch diese Offenheit im Hinduismus, gibt es unglaublich viele Variationen in der Umsetzung und Interpretation. Ich habe wahrscheinlich nur ein tausendstel von den Ritualen in den Tempeln beobachten können. Einige Hindus knieten vor dem Altar, andere legten sich komplett auf den Bauch und einige standen nur und beteten mit geschlossenen Handflächen vor sich. Gemein ist ihnen, dass sie den Tempel nur Barfuß betreten, das Weihwasser trinken und über ihr Haupt streichen. In einem Tempeln läutete jeder Hindu eine Glocke vor dem Gebet. Das wurde auf die Dauer sehr laut und anstrengend und ich ging weiter, um mir ein ruhigeres Örtchen zu suchen.Zwischendurch sah ich ein paar Inder Schach spielen und schaute ein Weilchen zu, bis sie mich auf ein paar Spiele einluden. Es hat sehr viel Spaß gemacht, mit einem Geschäftsbesitzer und einem Touristenphotographen zu spielen.Am Abend sah ich den Menschen am Ganges zu, wie sie beteten, sich wuschen und badeten. Gruppen von Hindus ließen Blumen und Schalen mit Feuer in den Ganges, die dann davonflossen. Es war sehr farbenfroh und interessant und ich werde es vermutlich in Varanasi in einer größeren Dimension erleben.

Monday 1 October 2007

Erholsames, Befreiendes und Gefaehrliches

Ich kann jetzt wieder normal essen und sitze gerade mit Israelis und Amerikanern auf einer Terasse direkt am Ganges. Wir sind alle ziemlich fertig und genießen die letzten Sonnenstrahlen des Tages. Ich war heute mit dieser spontan gebildeten Gruppe 10 km wandern. Unser Ziel waren Wasserfälle auf einem Berg in der Nähe von Rishikesh. Der Marsch war extrem anstregend, aber sehr befreiend. Ich glaube, das letzte Mal, dass ich so stark geschwitzt hatte, war beim Aufstieg vom Naturschutzreservat in Sizilien. Der Wasserfall war großartig und ein Sprung in das kalte Wasser belebte meinen ausgelaugten und überhitzten Körper. Die Aussicht auf den Wald, die Berge und die terassenförmig angelegten Reisfelder so weit oben, war bisher das schönste Naturerlebnis meiner Reise. Durchgeschwitzt und absolut froh den Gipfel erreicht zu haben, hat sicherlich meinen Eindruck intensiviert.Wir wurden von einem wirklich aggressiven Affen attackiert, der noch auf dem Dach hin und her ranntet, vermutlich nur um uns einzuschüchtern. Affen sah ich bisher immer als niedliche und gesellige Geschöpfe an, aber menschennahe Affen sind gefährlicher als die vielen freilaufenden Hunde hier.Das Essen in dem Terassenrestaurant war ganz ok, da wir alle tierischen Hunger hatten. Einige kleine negative Auffälligkeit ist, dass die Rechnungen in Indien niemals stimmen. Ich möchte den Indern nichts vorwerfen, aber es sind immer 5Rs oder 10Rs mehr und niemals weniger als die Karte angab.Ich bin jeden Abend hier totmüde (es jetzt gerade mal 19 Uhr hier), muss aber euch noch berichten und selbst auch das Erlebte verarbeiten bevor ich ins Bett falle.Gestern hatten wir uns Motorräder ausgeliehen (200Rs = 4€) und sind neben dem Ganges 70km entlang gefahren. Mein Motorradtraining mit Salvo in Sizilien hat sich wirklich ausgezahlt. Ich hatte keine Probleme zu fahren und nahm sogar noch einen von den Amis hinten mit. Salvo, wenn du nach Vietnam kommst, können wir ein Roadtrip mit Motorrädern von Südvietnam nach Nordvietnam machen!Das Motorradfahren hat ziemlich viel Spaß gemacht, aber ich musste höllisch auf den indischen Verkehr aufpassen. Ich fand den Landstraßenverkehr viel schlimmer als den Stadtverkehr, den ich mit dem Fahrrad erlebt hatte. Das Motorradfahren vermittelt einem ein verstärktes Gefühl von Freiheit, bei relativ hoher Geschwindigkeit den Wind zu spüren und entlang der Terpentinen zu maneuvrieren. Vielleicht werde ich noch ein Kontinent mit dem Motorrad durchquerren, mal schauen ... ! Die Landschaft war auf jedenfall atemberaubend schön und wir sind durch einige Dörfer gefahren, die noch ziemlich unberührt schienen. Die Menschen in den Straßenküchen beäugten uns dem entsprechend auch sehr intensiv.Nach vier Stunden mussten wir uns wieder auf den Rückweg machen, da wir nicht im Dunkeln zurückfahren wollten. Am Abend nahm ich noch meine Medizin, belebte meine steifen Glieder (8 Stunden Motorradfahren in der gleichen Position strengt ziemlich an) und viel dann ins Bett.

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