Thursday 4 September 2008

Angekommen in mir und in Sydney

Es ist so vieles in den letzten Wochen nach meinen Tagen der Stille geschehen. Die Meditation im Vipassana Zentrum hat meine Sicht auf die Menschheit wieder in ein positiveres Licht gerueckt. Allein die Tatsache, dass weltweit Vipassana-Zentren ohne einen kommerziellen Hintergrund nur mit Spenden betrieben werden, gibt mir Hoffnung. Die Ironie hierbei ist, dass Vipassana mir nicht die Welt durch die Welt erklaert, sondern voellig egozentriert, die Welt, durch mich selbst, erfuehlen laesst.
Die ganzen 10 Tage habe ich mich nur auf meinen Koerper konzentriert, ohne jegliche Einfluesse von Aussen, die normalerweise den ganzen Tag auf uns einprasseln. Die ersten drei Tage sass ich Stunden und habe einfach nur meinen Atem beobachtet. Es ist unglaublich schwierig sich wirklich konstant nur auf seinen Atem zu konzentrieren. Mein Geist wanderte am ersten Tag spaetestens nach einer Minute in die Zukunft oder Vergangenheit und ich musste ihn wieder auf meinen Atem lenken. Macht einfach mal den Selbstversuch und setzt euch fuer eine Stunde an einen ruhigen Platz und versucht wirklich, euch NUR auf den Atem zu konzentrieren. Praezieser, nur auf den Bereich der Nase und Oberlippe, wo der Atem vorbeizieht. Nicht den Atem kontrollieren, sondern einfach natuerlich atmen und beobachten. Diese Konzentrationsuebungen halfen mir zu realisieren, dass in mir so viele Handlungsmuster stecken, die ich nicht mehr hinterfrage. Bewusstes Leben erfordert aber das staendige Hinterfragen meiner Gedanken und Handlungen. Viele Handlungsmuster werden einfach als atomar wahrgenommen, lassen sich jedoch alle in Gefuehl und darauf antrainierte Reaktion zerlegen. Die Theorie ist einfach begreifbar, das Schwierigkeit besteht in praktischen Umsetzung im Alltag. Vipassana gibt mir ein groesseres Koerperbewusstsein, nicht im Sinne von Koerperkontrolle sondern wirklich "sich bewusst sein", und hilft dabei die etablierten Handlungsmuster zu hinterfragen. Textlich kann ich hier nur ein kleinen Teil des Erlebten widergeben. Mehr kann ich euch bei meiner Rueckkehr erzaehlen.

Nach meiner Meditation hatte ich noch eine Woche in Bangkok verbracht und bis zu meinem Abflug nach Sydney die Demonstrationen gegen die Regierung verfolgt. Es war spannend und erschreckend zu gleich hautnah dabei zu sein. Schau einfach mal auf den Zuender.
Ich konnte mich ziemlich frei durch die Menge bewegen, habe mich am Abend aber ziemlich mulmig gefuehlt, weil die Polizeikraefte mich nicht von den Demonstranten unterscheiden konnten. Ist aber alles gut gegangen und nun sitze ich wohlbehuetet bei einem Freund aus Indien in Sydney.

Der kulturelle Schock hat mich nicht stark erwischt hier, weil ich viele asiatische Gesichter durch Sydney laufen sehe. Sydney ist eine stark multikulturell gepraegte Stadt. Ich bin mit dem Fahrrad durch den Hafen und die Strassen, flankiert mit alten viktorianischen Haeusern, gefahren und fuehlte mich sehr wohl dabei. Ich kann mich ganz frei durch Sydney bewegen, ohne aufzufallen. Mich fragt auch keiner, warum ich so gut Englisch spreche (passierte in Deutschland des oefteren, natuerlich wegen meinem Deutsch, nicht wegen meinem Englisch).
Der einzige Schock sind die Preise hier, da ich gerade aus Thailand kam und mich mit drei Dollar am Tag sehr gut und sehr gesund ernaehren konnte. Hier kriege ich eigentlich nichts fuer drei Dollar, was ich als Mahlzeit bezeichnen koennte. Zum Glueck kann ich bei Abishek (indischer Freund, der hier gerade seinen Master absolviert) kochen und geniesse auch diese wiedergewonnene Freiheit.

In ein paar Tagen geht's fuer mich nach Melbourne im Auto. Ich gehe auf einen kleinen Roadtrip mit drei Leuten, die ich ueber das Internet gefunden hatte. Wird bestimmt spassig: ein Brite, ein Franzose, eine Deutsche und ich. Ich kann mich entfernt an einen Sketch erinnern, der sich genau um die ersten drei Nationalitaeten dreht. Ich komme gerade nicht auf den Komoedianten, aber die Show hiess ''Schwarzseher'. Erinnert sich einer von euch?

Nun gut, ich kehre lieber in die reale Welt zurueck und streune noch ein bisschen durch Sydney

5 comments:

Kevin said...

Yooo, der Streuner ist zurück. Klingt krass, mit der Meditation, völlig abschalten. Hast Du in diesen 10 Tagen irgendwelche anderen körperlichen Tätigkeiten verrichtet? Sport? Wandern? Oder Kochen?

In Berlin geht einiges: zum Beispiel der Sommer. Im Licht der letzten Sonnenstrahlen färben sich langsam die ersten Blätter an den Bäumen in den Straßen & Parks. Es wird langsam wieder Zeit für Indooraktivitäten. UND bei Plus gibt es bereits wieder Lebkuchen und Marzipandominosteine...

Enjoy life!
Norman

bizillianer said...

Nee, es geht darum wirklich gar nichts zu machen und einfach nur zu sein. Meine einzigen Handlungen waren das Essen, das Laufen zur Meditationshalle und Schlafen.

Anonymous said...

"natürlich wegen meinem Deutsch" - und das in dem Kontext! Ein Brüller! Ich fürchte nur, es war nicht die Absicht von dem wo der Autor ist. Hihi.

Anonymous said...

Zitat eines Australiers: "I speak two languages: English and bad English."
In diesem Sinne.

Kevin said...

NEWS!!!

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