Wednesday 2 January 2008

Wechsel ohne Umbruch

Ich sitze auf dem Chamundi Berg und genieße die Aussicht auf Mysore in der Mittagssonne.l Er ist einer der 8 heiligen Berge Indiens und wird dementsprechend stark bepilgert. Auf der Spitze stehen mehrere Tempel, wovon der Haupttempel das Zentrum bildet. Möchte der Besucher durch den Haupteingang den Tempel betreten, was alle Pilger wollen, muss er 100 Rs, statt der 20 Rs für den Nebeneingang, berappen. Es werden also nicht nur Touristen, sondern auch die eigene Bevölkerung abgezockt.
Ich bin gestern gemeinsam mit Pratap und Roopa nach Mysore gekommen, um mir die Stadt aus ihrer Sicht anzuschauen. Es war eine Flut von neuen und bekannten Eindrücken, die mich manisch durch die Straßen laufen und photographieren ließ. Mysore ist eine wunderbare, nicht ganz so chaotische Stadt, um in den kleinen Gassen und auf den Märkten herum zu schlendern. Touristenattraktionen gibt es hier nur wenige, aber das Leben auf den Straßen ist aufregend und zeigt mir Indien in einer viel schöneren, bunten und intensiveren Form. Ich stelle hier wieder fest, dass ich in Auroville wie auf einer Insel gelebt habe, auf der einige wenige Einflüsse Indiens zur Insel rüberschwappen und die Inselbewohner sich der Festlandmenschen bewusst sind. Aber wenn ich Indien stärker erfahren möchte, muss ich durch das Meer schwimmen und wieder zurück auf das Festland kehren.
Soweit ich mich an meine vergangenen Neujahreswechsel erinnern kann, hatte das ruhigste Neujahr meines Lebens, dass sich auch nicht als Jahreswechesel anfühlte. Sonst ziehe ich ein Resumé des vergangeen Jahres und schlage die neue Seite für das nächste Jahr auf, aber hier in Indien und auf Reisen ist die Seite nur halb gefüllt und lässt sich nicht ins Jahresraster pressen. Ich habe auch bemerkt, dass Zeit für mich viel weniger eine Rolle spielt als zuvor, da nicht die quantitave Erfahrung, sondern die qualitative Erfahrung für mich wichtig ist. Sicherlich streben wir alle dannach, aber es wird mir im hier und jetzt viel bewußter. Ich habe mein Neujahr im Zimmer von Pratap verbracht, der noch vor Mitternacht ins Bett ging und mich meine Telefonate neben seinem Schnarchen führen ließ. Sowohl Roopa, als auch Pratap feiern kein Silvester, da sie nicht dem Sonnenkalender folgen.
Mich hat gerae ein Polizist von meinem Felsen verscheucht, da es zu gefährlich sei hier zu sitzen. Ich stehe seiner Hilfsbereitschaft sehr skeptisch gegenüber, da ich die Erfahrung gemacht habe, dass uniformierte Menschen in Indien sehr gern ihren authoritären Gelüsten fröhnen. Dies artet teilweise in hemmungsloser Gewaltausübung aus, was mir zum Glück noch nicht selbst wiederfahren ist.
Da ich mich in einem anderen Kulturkreis befinde und keinen unnötigen Konflikt wünsche, packe ich also meine Sachen und schlendere den Berg wieder runter. Auf dem Weg in die Stadt hab ich mich wieder per Anhalter mitnehmen lassen. Ich hätte das viel früher ausprobieren sollen, dann hätte ich nicht nur Geld gespart, sondern wäre ein paar Erfahrungen reicher. Als Daumenregel kann ich sagen, dass Kleinwagenfahrer sehr gut Englisch sprechen, da sie eine gute Bildung haben oder sehr viel Kontakt mit Touristen haben. Beides ist eine Vorraussetzung um in Indien, aber auch in der ganzen Welt, einen gewissen Reichtum zu erlangen. Meine Mitfahrgelegenheit war Immobilienmakler in Mysore, der sich eine goldene Nase verdient, seit sich Bangalore zum indischen Silicon Valley entwickelt hat. Viele Firmen und deren Angestellte kaufen sich in Mysore Häuser, um sich vom gestressten Bangaloreleben zu erholen.

3 comments:

Anonymous said...

Zum Glück hast du dich nicht per Anhalter auf Sizilien mitnehmen lassen, da die örtliche „Kleinwagenfahrer“ ganz anders als die indische sind... >;-)

bizillianer said...

Waere ich dann nicht mehr lebend aus Sizillien abgeflogen? Mir hat Sizillien bisher eigentlich sehr gut gefallen!

Anonymous said...

Naaaa du, nicht so schlimm! Du hättest einfach nicht mehr als Jungfrau Abschied von Sizilien genommen.

Free Blogspot Templates