Thursday 3 January 2008

Indien fuer Fortgeschrittene

Ich fühle mich glücklich, weil ich euch in meinem Herzen habe und bin sehr dankbar für die Erfahrungen, die ich hier machen darf. Nach über 3 Monaten Indien habe ich das Gefühl, dass ich mich natürlich durch die Straßen bewege, weil ich ihre Gesetze und Macken kenne. Mein Körper hat sich auch den Gegebenheiten angepasst und sondert bei 30 °C im Schatten nicht mal mehr Schweiß ab. Mein Tagesbudget habe ich fast auf 200 Rs (4€) reduziert, weil ich die westlichen Restaurants konstant gemieden habe, fast nur gelaufen bin, gut feilsche und mich genauso wie alle Nichttouristen ;-) ernähre. Die etwas einseitige Kost von Thali (Reis mit verschiedenen Soßen und Joghurt) am Morgen, Mittag und Abend, versuche ich mit viel Obst zu kompensieren, was mir bei dem schieren Angebot an frischem Obst keine Schwierigkeiten bereitet. Ich komme mir manchmal ein bißchen geizig vor, wenn ich um 5 Rs für einen üppigen Fruchtsalat, bestehend aus saftig orangefarbener Papaya und süßlich gelber Annanas, feilsche. Es geht weniger um das Geld, sondern vielmehr um die Tatsache, dass ich die Preise langsam kenne und die Verkäufer mich nicht mehr grinsend verarschen können. Vielleicht ändert sich mein Feilschverhalten wieder in ein paar Wochen, wenn ich das Feilschen überdrüßig geworden bin. Ich verfolge zur Zeit eine sehr erfolgreiche Verhandlungstaktik, die eigentlich gar nicht auf verhandeln beruht, sondern viel mehr den Verkaufsmenschen oder Ticketschalterbürokraten vor vollendete Tatsachen stellt, da ich ihnen einfach so viel Geld, dem vermuteten Wert entsprechend, in die Hand drücke, ohne nach dem Preis zu fragen. Das hat heute so gut funktioniert, dass ich 8 Banannen für 5 Rs (10 ct) und alle meine kleinen Zwischensnacks wie Gurken und Samosa für unter 2 Rs (3ct) bekommen habe. Der Höhepunkt meiner Verhandlungen war am Schalter des Maharaja Palastes, an dem Einheimische 20Rs, Studenten 10Rs und Touristen 100Rs bezahlen sollten. Dreist wie ich bin, habe ich es erst mit Student für 10 Rs versucht, aber leider wollte der Ticketbürokrat mir das nicht abkaufen und verlangte 10Rs mehr. Ich lächelte sehr erfreut und gab ihm weitere 10 Rs. Mit einem leicht mulmigen Gefühl ging ich durch das Tor, weil ich nicht wußte, ob die Ticketkontrolleure mich auch als Einheimischen einstufen würden. Es ist aber alles gutgegangen und ich habe fast mein halbes Tagesbudget gespart. Der Palast war extrem prunkvoll, einerseits sehr schöne Ornamente und Fenstermalereien, andererseits sehr überladen, was wahrscheinlich daran liegt, dass der Palast um 1900 gebaut wurde und eine Mischung aus indischer ,islamischer und europäischer Architektur und Kunst ist. Ich bin mehr oder weniger schnell durch den Palast gelaufen, um dem Touristenpulk zu entfliehen.
Ich war vorher im Jaganmohan Palast, der viel weniger frequentiert, aber wesentlich mehr inspirierend, war. Er war früher ein Rückzugspunkt für die königliche Familie und beinhaltet heute eine Kunstgalerie, deren Exponate mir sehr gefielen. Wenn ihr Zeit habt, sucht mal nach „Glow of hope“ von Haldenkar und „Night“ von Gogendranath Tagore. Letzterer hat noch mehr Studien („Morning“, „Brothers Letter“, „Curiosity“, „The Steps“) zu Licht gezeichnet, die ich absolut faszinierend fand. Nach soviel inspirierender Kunst und Architektur habe ich mich selbst an ein paar Bleistiftskizzen versucht und die Freude am Zeichnen entdeckt. Es ist schon komisch, dass ich früher nie gezeichnet habe, weil ich mich nicht gut genug fühlte, aber jetzt zeichne ich, weil es mir Spaß macht und es meine Sicht auf die Welt bereichert.

2 comments:

Anonymous said...

Wer hatte die Idee mit dem Geld in die Hand druecken?

bizillianer said...

Ok, haette ich vielleicht erwaehnen sollen und dir die Tantiemen abdruecken, wa ;-)!

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