Monday 7 January 2008

Danbarkeit, Abschied und Bratwurst bidde!

Ich bin von Mysore aus wieder zurück nach Bangalore getrampt und habe einerlei kurioses erlebt. Zunächst musste ich die Hauptstraße nach Bangalore finden und bin bis zur Stadtgrenze gelaufen. Zwischendurch haben mich ein Autofahrer und ein Motorradfahrer bis zur nächsten Bushaltestelle mitgenommen. Es fuhren extrem viele Busse nach Bangalore an mir vorbei, die ich aber nicht nehmen wollte. Ich untertreibe eher, wenn ich schreibe, dass alle 5 min ein Bus nach Bangalore an mir vorbei fuhr. Ihr könnt euch selber ausrechnen wie viele Busse es sind, unter der Annahme, dass in der Nacht jede Stunde ein Bus fährt!
An der Stadtgrenze hat mich dann ein Traktor aufgegabelt und 15 km näher an Bangalore gebracht. Der Traktorfahrer fuhr auf der Autobahn konstant auf der Überholspur und mir stockte der Atem, als er auch noch anhielt, um einem Mann auf der anderen Straßenseite zu zuwinken und etwas zu deuten. Dieser schwang sich einen Zementsack über die Schulter und bugsierte diesen auf die Ladefläche des Traktors. Der Traktorfahrer fuhr diese Strecke jeden Tag 10x, um Sand aus Srirangapatnam nach Mysore zu transportieren. In Srirangapatnam angekommen, musste ich eine halbe Ewigkeit auf meine nächste Mitfahrgelegenheit warten, die letztendlich ein rasender Kleintransporter war, mit dem ich zu fünft in der Fahrerkabine Richtung Vorstadt von Bangalore fuhr. Der ganze Trip hat mich nur 44 Rs (80ct) gekostet, was so gar nicht im Verhältnis zur Rikscha steht, die ich zu Roopas Haus bezahlen musste. Der Rikschafahrer kannte sich offensichtlich nicht aus und präsentierte mir eine Rechnung von 150 Rs, die ich jedoch ablehnte. Letztendlich endete ich die Verhandlungen bei 100 Rs, da ich keine Lust mehr zum Feilschen hatte.
Ich aß ein spätes Mittag gemeinsam mit Roopa und nahm zum letzten Mal Abschied von ihr, weil sich unsere Wege vermutlich nicht die nächsten zwei Jahre kreuzen werden. Ich bin ihr sehr dankbar, da ich ohne sie Indien niemals so erlebt hätte, wie ich es in den letzten Monaten erfahren habe. Ich habe sie nach Berlin eingeladen und würde gern diese erstaunliche und selbstlose Gastfreundlichkeit einen Teil ihrer Erfahrung werden lassen.
Am späten Abend bin ich gemeinsam mit Pratap und Rajith, die ich zu einem Kurztrip zu den Jogwasserfällen überreden konnte, in den Nachtbus nach Sagar gestiegen, Die Jogfälle sind waren erstaunlich wenig frequentiert, obwohl es die höchsten Wasserfälle Indiens sind. Es war unbeschreiblich schön, und auch ein ein wenig beängstigend, sich über einen Felsvorsprung zu legen und direkt ins Tal zu blicken. Mir kamen Überlegungen wie: „Was wäre, wenn es jetzt knacken und ich in den Abgrund sausen würde?“ in den Kopf. Trotz meiner schwindenden Höhenangst durch die Dachkonstruktion im Youth Center in Auroville, bin ich immernoch nicht ganz frei von Angst und hab mich auch nur kurz auf dem Felsvorsprung Aufgehalten.
Mit dem Erreichen des Zenits wurde die Sonne immer heißer und mein Sprung unter den Wasserfall gab mir die nötige Erfrischung und eine wunderbare Kopfmassage. Wir blieben bis zum späten Nachmittag und fuhren mit dem Linienbus nach Sagar zurück, um dort den nahe liegenden Tempel zu besuchen. Der Tempel lag zwischen Palmen, zwei kleinen Teichen und erleuchtete in einem wunderbaren Abendrot. Die Schatten verstärkten die Verzierungen des Tempels und schufen eine sehr schöne Atmosphäre in der ich den Sonnenuntergang mit Patrap und Rajith gemeinsam genoss.
Nach einer Nacht auf dem Busbahnhof, da ich keinen passenden Anschlussbus mehr gefunden habe, bin ich jetzt in Gokarna angekommen und werde von der Touristenansammlung hier erschlagen. Laut meinem Reiseführer sollen hier weniger Touristen sein und dementsprechend auch gemütlicher als in Goa sein. Ich hoffe, dass mein Reiseführer unrecht behält, da ich sonst in Goa keine Inder und indische Kultur mehr finden werden. Nichtsdestotrotz ist es hier sehr paradiesisch mit den feinen Sandstränden, blauem Meer, phantastischem Sonnenschein und blauem Himmel.
An mir ziehen nicht nur Ströme von Touristen vorbei, sondern auch Massen von schwarz gekleideten Pilgern. Ihr Ritual ist es sich vorher im Meer zu waschen, was sie von einigen Sünden befreit, und dann zu den zwei Tempeln zu pilgern, um dort ihre Absolution für weiter kleine Sünde zu erhalten. Es existiert hier ein Schrein, der nur alle 40 Jahre geöffnet und der Öffentlichkeit zugängig gemacht wird, weil er es jedem Hindu ermöglichen soll sich von allen Sünden rein zu waschen, sogar von der Tötung eines Brahmin! Es ist schon sehr belustigend, wenn gar erschreckend, zu sehen, wie eine Frau ohne Büstenhalter (sehr sichtbar unter dem knappen Shirt!!) neben den Pilgern durch die Gassen stolziert. Als Folge dieses rücksichtslosen Verhaltens, sind in der Stadt Schilder mit Hinweisen, wie Frau/Mann/Mensch sich bitte kleiden soll, aufgestellt und der Zutritt zu einem der Tempel ist sogar völlig untersagt.
Für mich zeigt sich hier deutlich, wie wenig solche Menschen sich mit ihrer Umgebung und der fremden Kultur auseinander setzen. Demnächst heißt es nicht mehr wir fahren zum „Ballermann“, sondern auf zum „Gokarmann“ und dem Gastwirt zum Nandi (heiliger Bulle Shivas) serviert die Bratwurst á la amma (Tamilisch Mutter).

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