Thursday, 11 October 2007

Eigentlich nicht mehr Indien

Ich bin jetzt in Darjeeling, der Bergstadt (ca. 2500 über dem Meeresspiegel) mit dem besten schwarzen Tee und einer der höchsten Bahnhöfe der Welt. Darjeeling ist extrem stark von den Briten geprägt worden, da es neben dem Tee auch sehr mildes Klima und eine malerische Landschaft besitzt, die es als Erholungsgebiet prädestinieren.
Ich muss hier zum ersten Mal eine Jacke tragen und friere mir bei 18 Grad den Arsch ab. Numerisch ist es eine Halbierung der Temperatur, aber gefühlt ist es eher wie tiefster Winter.
Heute Morgen bin ich um 3:30 (Nachts) aufgestanden, um einen Jeep zum Tiger Berg zu nehmen, der einen 360 Grad Ausblick auf die Umgebung erlaubt. Ich habe die Himalayas jetzt in ihrer ganzen Pracht von fernem gesehen. Das Erlebnis war alles andere als einsam, da ich mir den Aussichtspunkt mit ungefähr 200 Menschen teilen musste. Es war dennoch sehr beeindruckend den Kanchenjunga (der dritthöchste Berg der Welt) und den Mount Everest (höchster ;-) ) beim Sonnenaufgang erleuchten zu sehen.
Nach diesem arg frühen Ausflug genehmigte ich mir ein großes Frühstück in meinem Hotel, das eher eine kleine Familienpension ist. Ich aß tibetische Spezialitäten, da die Familie ursprünglich aus Nepal stammte und deren Küche sich mit der tibetischen ähnelt. Nachdem ich ein sehr leckers tibetisches Brot, das ähnlich dem indischen Bhatura ist, verspeist hatte, fragte ich, ob sie mir morgen früh zeigen könnten, wie sie es zubereiten. Ich bin sehr gespannt.
Mein Plan für die nächsten Tage ist es nach Sikkim (nord-östlicher Teil von Indien) zu fahren. Jedoch gibt es Einreisebeschränkungen für dieses Gebiet, da es genau in der Konfliktzone Nepal-Butan und Tibet liegt. Um dort einreisen zu können, muss man eine Sondergenehmigung beantragen.
Ich musste also hier in Darjeeling zu zwei Ämtern dackeln, um meine Sondergenehmigung zu erhalten. Es stellt eigentlich kein Problem mehr dar, eine Genehmigung zu erhalten, da sich die Lage hier entspannt hat, und ist nur noch eine Formalität, die ein bisschen Fußmarsch erfordet. Bei den beiden Ämtern war eine ganze Meute von Touristen und ich habe mir ein paar Leute gesucht um durch Darjeeling zu ziehen.
Auf dem Weg zum tibetischen Flüchtlingslager, das zirka 700 tibetischen Frauen, Kindern und Männer Arbeit bzw. Bidlung, Unterkunft und Nahrung gibt, liefen wir durch eine sehr schöne alte Marktstraße, die gerade am erwachen war. Es war ein Markt für die Einheimischen und war bisher der authentischste Markt ohne touristischen Klimbim, den ich bisher gesehen habe. Es reihten sich dort Stände von frischem Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch aneinander.
In dem tibetischen Lager fertigen die Flüchtlinge freiwillig traditionell tibetische Produkte wie Teppiche, Schuhe, Schmuck, Schals und Mützen in sehr hoher Qualität. Durch den Kauf im anliegenden Shop kann man die Flüchtlinge direkt unterstützen. Die Preise sind für indische Verhälnisse ziemlich teuer, aber dafür erhält man handgemachte, nicht verwerfliche Produkte und kann vielleicht 1/1000 seines Gewissens beruhigen.
Das Flüchtlingslager fungiert auch als Informationszentrum für die tibetische Gemeinschaft und informiert über die Situation der Tibeter. So kam mir wieder ins Bewusstsein, dass die chinesische Regierung einen Jungen und seine Familie festhält, den der Dalai Lama zum 11. Panchen Lama ernannt hatte. Die dort gezeigten Artikel sind meist mit “jüngster politischer Gefangener” betitelt. Ich glaube, dass nur die chinesische Regierung dies nicht für verwerflich hält.
Ich kaufte mir dann einen schönen und superweichen Kashmirschal in dem Bewusstsein, dass ich sie ein wenig untertstütze. Naja, es hat doch den bitteren Beigeschmack des sich Freikaufens und ich fühle mich nicht wirklich wohl nach dem Verlassen des Lagers.
Die Gruppe wollte dann auch weiterziehen und wir machten uns auf den Weg nach Norden um den sehr renomierten Zoo von Darjeeling zu sehen. Wir liefen querfeldein durch Teeplantagen und erreichten nach kurzer Zeit wieder eine Straße. Wir waren relativ müde und entschieden uns, per Anhalter mitnehmen zu lassen. Es fahren ständig Jeeps zwischen den Städten und Dörfern hin und her, die ähnlich wie Taxis genutzt werden. Unser Jeep hatte nur noch zwei freie Plätze, also entschied ich mich auf dem Dach des Jeeps mitzufahren. Ich hatte schon einige Menschen auf dem Dach mitfahren sehen und wollte es auch einmal erleben. Es war ein sehr schönes und aufregendes Erlebnis den milden Wind zu spüren und die Landschaft ohne Einschränkung zu betrachten. Ein bisschen Adrenalin war auch dabei, da einige Bäume und Kabel nicht besonders hoch hingen und nach meinem Leben trachteten.
Wir kamen genau zur Fütterungszeit beim Zoo an und erlebten relativ stark domestizierte “Wildtiere” wie Wölfe, Bären, Füchse und Tiger, die alle samt kurz vor dem Aussterben sind. Ein kleiner Streifzug durch das anliegende Mount Everest Museum und wir machten uns zurück auf den Weg in die Stadt.
Ich war sehr überrascht von den Menschen in Darjeeling, da hier sehr viele Nepalesen leben und das Straßenbild eher typisch asiatisch tibetisch als indisch geprägt ist. Wenn ich so durch die Straßen hier laufe, sehe ich extrem viele schöne Menschen und ich habe den Eindruck, dass Nepalesen zurückhaltender und schöner sind als Inder.

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