Wednesday 17 October 2007

Auroville oder die Hoffnung der Menschheit

Heute Morgen habei ch leider die Yogaklasse verpasst und bin nach Pondicherry mit meinem gemieteten Morrorad (kostet nur 90Rs pro Tag) gefahren. Die verschiedenen Gebäude und Anlagen vom Auroville liegen soweit auseinander, dass ich die ersten Tage alles mit dem Motorrad erkunden will.
Ich bin nach Pondicherry hauptsächlich gefahren, weil es keine Tankstelle im Auroville gibt und bei dieser Gelegenheit habe ich mir die Stadt ein bißchen angeschaut. Es ist eine schöne kleine Küstenstadt mit einem Mix aus französischer und indischer Architektur, die eine ziemnlich schöne Atmosphäre ausstrahlt. Es war ein bißchen gewöhnungsbedürftig durch Straßen mit französischen Straßennamen zu fahren und das Treiben einer indischen Kleinstadt zu beobachten. Auch das Fahren mit dem Motorrad durch die Stadt hat nochmal eine andere Qualität als das Fahren mit dem Fahrrad. Schon allein wegen der höheren Geschwindigkeit muss ich mich sehr stark konzentrieren, aber auch wegen dem rabiaten Fahrstil der Inder.
Nach dem Tanken fuhr ich zum Strand, an dem das Hotel de Ville (ja, sehr französisch) und eine große Gandhistatue sich befinden. Ich saß also jetzt zum ersten Mal am indischen Ozean und genoß den Wind im Schatten eines Baumes (Es war keine Palme und wenn hätte ich geguckt ob oben Kokusnüsse hängen, die mich erschlagen wollen ;-)), da die Vormittagssonne schon extrem heiß war. Die Menschen hier sind soweit von der Mentalität nicht viel anders als die Inder, die ich in Mittelindien getroffen habe, jedoch unterscheiden sie sich im Aussehn sehr stark. Sie sind extrem gebräunt, wenn nicht schon schwarz, und ich wirke neben ihnen weiß, obwohl ich in meinem Leben noch nie so Dunkel war.
Ich konnte mit dem Strand an sich nicht so viel anfangen, weil ich nicht baden wollte und Sonnen wäre glatter Selbstmord gewesen. Also machte ich mich auf den Weg zum Aurobindo Ashram, der Wirkungsstätte von Sri Auronbindo und der „The Mother“ (der Mutter), den geistigen Führern auf dessen Philosophie auch das Auroville gegründet wurde. Sri Aurobindo`s Philosophie verbindet westliches Denken mit der Spiritualität Indiens und fokussiert hierbei sowohl das göttliche in der Seele, als auch die untrennbare Verbindung zum Körper. Es ist sehr schwierig seine Philosophie hier zusammen zu fassen, vor allem da ich bisher nur eine Einführung gelesen habe.
Nach dem Ashram fuhr ich zurück zum Auroville, um ein paar Auroviller beim Mittagessen inder Solarküche kennenzulernen. Ist ganz ähnlich dem Mensaphänomen an der Uni, wenn man neu ist und sich unters Volk mischen will. Nichts geht über den Mikrokosmos der Mensa. Es sind Menschen aus der ganzen Welt hier, aber ich habe immernoch das Gefühl, dass es stark westlich geprägt ist. Der Kerngedanke von Auroville ist einen Ort der Einheit zu schaffen, in dem alle Kulturen, Nationen und Religionen im Einklang miteinander und der Natur leben. Auroville ist ein Experiment, dass von der Mutter 1968 initiert wurde, und auf Brachland gegründet wurde, dass heute 40 Jahre nach dem Beginn wunderbar grün erstrahlt und eine Oase des Lebens ist. Sie haben hier schon sehr viel erreicht, aber es ist ihnen auch klar, dass noch sehr viel getan werden muss, um dem Ideal gerecht zu werden.
Ich habe heute Mittag mit einer Koreanerin (lebst seit 5 Jahren hier) und einer Brasilianerin (lebt seit einer Ewigkeit hier) gesprochen und sei meinten beide, dass Auroville langsam zu stark altert und es junge Menschen brauche, um sich weiterzuentwickeln. Wie wär's, wenn wir alle hier für ein paar Jahre, oder auch bis wir unsere Körper verlassen, leben? Ihr müsst echt diesen Ort erleben. Er spricht von Weiterentwicklung und nicht mehr von Ausbeutung, sowohl der Natur, als auch der Menschen. Eine Gesellschaft, die nicht mehr auf Konkurrenz, sondern auf Schaffenswillen eines jeden Einzelnen basiert, ist doch wirklich erstrebenswert.
In dieser Kommune versuchen sie alles dauerhaft und selbstversorgend zu entwickeln. So besthet die Solarküche bspw. aus einer riesigen Solarschüssel, die genügend Energie in Form von Wasserdampf generiert, sodass 1200 Mahlzeiten gekocht werden können. Dieses ökologische und humanistische Denken setzt sich auch in allen Bereichen des Lebens hier fort und ich fühle zum ersten Mal, dass wir Menschen uns vielleich doch nicht zu Grunde richten werden.
Am Nachmittag fuhr ich zu ein paar Schulen im Auroville, um mit den Menschen zu reden und zu erfahren, wie ihr Leben hier wirklich ist. Es waren sehr unterschiedliche Schulen in ihren Konzepten (einige ähnlich den Montesourischulen) und auch Altersgruppen. Es war eine wunderbare Interaktion zwischen den Lehrern und Schülern, sowie mit mir. Ich bot ihnen an Freiwilligenarbeit zu leisten, um ihnen etwas zurück zu geben. Ich werde morgen also in einer kleinen Runde Capoeira unterrichten. Es wird bestimmt lustig, weil sie fast alle nur Tamil, die Sprache im „Bundesland“ Tamil Nadu, sprechen und der Lehrer übersetzen muss.
Am späten Abend half ich noch einer Aurovillerin beim Aufbau eines Beamers für ein DVD Vorführung über gewaltfreie Kommunikation, während ich auf den Beginn meines Meditationstanzkurses wartete. Der Kurs fiel leider aus, aber das Gespräch mit ihr (sie war ungefähr 60) war sehr interessant. Sie ist einer der Pioniere im Auroville und kam 1972 im Alter von 27 hier her. Sie schien so unglaublich Glücklich zu sein, dass es schon ein wenig beängstigend war. Ist doch seltsam, dass es ein bisschen beängstigend war, obwohl wir diesen Zustand anstreben.
Ich bin gerade am Überlegen, ob ich nicht hier länger bleibe, bis zum Ende meines Indienaufenthaltes. Ich möchte mehr von Indien sehen, aber fühle mich hier so wohl. Mmh, kann mich nicht wirklich entscheiden und werde wohl die nächsten Tage darüber entscheiden lassen.

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