Thursday 22 November 2007

Ent-Täuschung und Komödien

Ich bin jetzt wieder zurück in Auroville und warte auf den Beginn eines thailändischen Theaterstücks. Es ist ein interaktives Theater, bei dem das Publikum die Jury spielt und ein Urteil am Ende des Stückes fällen muss. Wenn ich über die vergangene Woche reflektiere, kommen mir sofort zwei Erinnerungen in den Kopf. Die Erste ist eine große Enttäuschung und die Zweite die pure Komik des Lebens.
In Tanjore bin ich abends mit Rena mit dem Fahrrad durch die Straßen gefahren, um die Stadt bei Nacht zu erfahren. Kurz vor unserer Rückfahrt standen wir noch am Palast von Tanjore und unterhielten uns sitzend auf unseren Fahrrädern. Es war ungefähr 9 Uhr abends und ein Motorrad kam mit seinem Scheinwerfer auf uns zu und hielt neben mir. Der Mann wirkte ein wenig aufgebracht und ich verstand eigentlich nur: „This land is for Indians only.“ (Dieses Land gehört allein den Indern.) Wir wollten keinen großen Konflikt und fuhren sofort weiter. Es lag aber sehr schwer in meinem Magen und beschäftigte mich den ganzen Abend und die Nacht über. Es ist ein bißchen naiv anzunehmen, dass es in Indien keinen Rassismus gibt, aber es dann wirklich zu erfahren, ist viel bedrückender als erwartet. Der ganze Vorfall ist hauptsächlich geschehen, weil es in der traditionellen indischen Kultur gesellschaftlich verboten ist, dass ein Mann und eine Frau sich allein draußen zusammen am Abend bewegen.
In den letzten Tagen in Tanjore ist Rena krank geworden und lag mit einer schweren Erkältung im Bett. Wir sind mit ihr zu einem Artzt gegangen, dessen Besuch wir uns eigentlich hätten sparen können. Es ging nur darum Klarheit zu erlangen, ob sie wirklich nur eine Erkältung hatte oder etwas Ernsthaftes. Der Besuch beim Artzt bewirkte aber eher das Gegenteil. Die Praxis befand sich in einem ungefähr 2 m² kleinen Teilstück eines Flurs, neben einem Treppenaufgang. Die Ärtztin war ein bißchen fülliger, bewaffnet mit einer großen Plastikstablampe und einem antikenBlutdruckmesser. Das Resultat der Untersuchung basierte auf Kommunkationsschwierigkeiten und mangelhafter Ausrüstung. Die Ärtztin maß den Blutdruck, horchte den Körper durch die Kleidung ab und leuchtete mir ihrer Keule in den Mund, um ihre Diagnose zu stellen. Es war ihr nicht möglich das Fieber zu messen, da sie kein Thermometer aus hygienischen Gründen besaß. Als dann noch eine Ratte den Boden entlang rannte, war ich sehr auf die Diagnose und das Rezept gespannt. Sie stellte letztendlich keine Diagnose oder zumindest sagte sie kein Wort zu Rena's Zustand und verschrieb ihr Hustensaft, Vitamine, Paracetamol und Antibiotika. Das war wahrscheinlich ihr Standardrezept, dass sie allen Patienten verschrieb. Im Endeffekt hatten wir schon alle Medikamente, weil wir das Antibiotika nicht kaufen wollten. Keine Klarheit, aber eine Erfahrung reicher.
Auf der Rückfahrt nach Auroville waren es nur Rena und ich, weil sie nicht Nachts fahren konnte. Wir fuhren also am frühen Nachmittag vor der Tamilfamilie los, die erst am Abend durch die Nacht fahren wollte. Wir mussten diesmal nur 1x umsteigen, jedoch war die Fahrt genauso lang, da wir knapp drei Stunden lang unseren Anschlussbus nach Pondicherry suchten. Alle Beschriftungen der Busse waren in Tamil und wir versuchten die Zeichen zu vergleichen, um den richtigen Bus zu finden. Dieses Unterfangen war total erfolglos, weil die Beschriftungen nicht immer dahin führten, wo der Bus tatsächlich hinfuhr. Wir fragten uns also durch und wurden an vier verschiedene Stellen geführt, warteten, um dann festzustellen, dass der Bus hier nicht vorbeikam.
Beim Warten passieren die kuriosesten Dinge, wie sie nur dasLben schreiben kann. Wir saßen auf dem Bürgersteig, als plötzlich eine etwas korpulentere Frau hinter Rena ihr Ladung lud und dann mit einem genüßlichen Rotzgeräusch über Rena's Kopf hinweg spuckte. Da sie anscheinend sehr viel Schleim produzierte, lud sie noch ein zweites Mal und spuckte präziseauf die gleiche Stelle. Ein wenig später parkte eine Kuh ihren Hintern vor unsere Gesichter und entlud ihre Blase exakt an der gleichen Stelle, auf die die Frau vorher gespuckt hatte. Ich wusste nicht, dass eine Kuhblase anscheinend die Größe eines Zehnliter Eimers hatte. Der Wasserfall aus ihrem Hintern ließ aber nur diesen Schluss zu.
Wieder einen kurzen Moment weiter und ein Mädchen stieg aus einem Bus, bewegte sich ein bisschen blaß auf uns zu und entleerte ihren Magen, dessen Inhalt aus Idli und Dal bestand, auf Schleim und Kuhpisse. Wir konnten uns kaum halten vor Lachen und vergessen war der Wartestress auf die Busse.
Letztendlich fanden wir einen Inder, der gut Englisch sprach und genau das gleiche Ziel hatte wie wir. Wir hängten uns also an ihn ran und fanden unseren Anschlussbus.
Fazit des Tages war also, dass man in Indien an Busbahnhöfen nicht ohne Hilfe auskommen kann, auch wenn man die Sprache ein wenig beherrscht, jedoch die aberwitzigsten Dinge erfahren kann, wenn man nur lange genug wartet.

3 comments:

Anonymous said...

so, endlich schaff ichs mal wieder ein wenig deine reisen zu verfolgen...was ist eigentlich idli und dal?oder will ichs lieber gar nich wissen =)
hoffe dir gehts soweit gut?hab schon jegliches zeitgefühl verloren aber du müsstest ungefähr seit 3 monaten unterwegs sein...wow

Anonymous said...

:) mag dein blog!

Anja said...

Hallo Kiên,

du hast uns so mit Nachrichten verwöhnt, dass zumindest ich mich mittlerweile wundere, wo du bist, was du machst und warum du nicht zum schreiben kommst? Gehts's dir gut?

Lieben Gruß aus Babelsberg,
Anja.

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