Tuesday, 13 November 2007

Diwali Festival

Ich sollte jetzt eigentlich in Auroville sein, aber habe mich spontan entschieden Rena und eine Tamilfamilie nach Tanjore zu begleiten. Es war eine schwierige Entscheidung, weil ich zwischen meinen Pflichten in Auroville und meinem Drang nach Erfahrung und Freiheit abwägen musste. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, aber ich bin jetzt sehr froh, dass ich der Spontanität den Vorzug gegeben habe und mitgefahren bin, obwohl ich keine Wechselklamotten, geschweige denn eine Zahnbürste bei hatte.
Ich sitze auf einer Strohmatte, dessen Geruch mich stark an Vietnam erinnert. Wir sind hier 10 Menschen, die für die nächsten vier Tage auf 20 Quadratmeter leben werden. Die Familie wohnt gerade bei den Nachbarn gegenüber, da eine Mauer in ihrem Haus während des Monsoons einstürzte. In dem „Lebenszimmer“ schlafen also Großeltern, Vater, Mutter, Kind, Schwester, zwei Brüder, Rena und ich.
Es ist ein ganz anderes Erlebnis als der Besuch bei Roopa, da die Familie sehr arm ist, aber es ist überwältigend wie gastfreundlich die Famlie ist, obwohl sie so wenig besitzen. Ich habe das Gefühl, dass je weniger die Menschen besitzen, desto mehr möchten sie es mit mir teilen.
Die Fahrt nach Tanjore war ein Extremum meiner Transporterfahrungen in Indien. Wir standen ziemlich lange am Busbahnhof, weil der Tamilvater erst versuchte allein in die Busse zu steigen um vier Plätze zu reservieren. Es war ein hoffnungsloses Unterfangen, da die Massen sofort losstürmten, sobald ein Bus ankam. Die aussteigenden Passagiere mussten sich auch durch die hineinstürmenden Massen kämpfen. Ich kam nicht drum rum, mir einen von diesen superkorrekten Führentnern vorzustellen, die mich in Berlin immer zurechtwiesen, wenn ich in eine S-Bahn stürmte. Dieser Busbahnhof wäre der perfekte Trainingsort für sie, um mehr Gelassenheit zu lernen.
Nachdem wir zu viert Teil der Einstiegsmasse wurden, fanden wir noch zwei Sitzplätze in dem ersten von vier Bussen, die wir noch zu nehmen hatten. In dem ersten Bus stand ich neben dem Vater und fühlte mich wie auf einer Achterbahnfahrt. Unser Busfahrer war entweder suizidgefährdet oder einfach nur verrückt, da er kompromißlos auf der Mitte der Strasse blieb, in dem Wissen, dass alle anderen ausweichen würden.
Auf der Fahrt durch die Nacht erfuhren wir allerhand von Gerüchen, bei denen sich auch schon unsere indischen Mitpassagiere die Nase zuhielten. Dieser Geruchscocktail wurde in der Mitter der Fahrt noch durch Hundscheißegeruch ergänzt, da die Familie ein Hundewelpen in einer Tüte mitnahm, das sich auch mal erleichtern musste. Auf dieser total verrückten Busfahrt leidete die Mutter am meisten, da ihr sehr übel wurde und sie sich übergeben musste. Zivilcourage scheint in Indien sehr klein zu sein, solange jemand indisch aussieht. In dem zweiten Bus mussten wir alle stehen und weil niemand der Mutter seinen Platz anbot, kauerte sie sich auf den Boden im Gang des Busses. Es war wirklich erstaunlich zu sehen, dass der junge Mann neben ihr es genau registrierte, ein schlechtes Gewissen hatte, aber dennoch nicht den menschlichen Schritt tat ihr den Sitz anzubieten.
Irgendwann gegen vier Uhr kamen wir völlig fertig in Tanjore an und konnten zum Glück noch ein wenig schlafen. Die Mutter ist gar nicht zu Bett gegangen, weil sie mit den Vorbereitungen für das Diwalifestival beginnen wollte. Sie hatte uns schon vorgewarnt, dass sie um vier Uhr Morgens mit ihrer Haarpflege anfangen würde.
Diwali ist das größte Festival in Indien, das auch in ganz Indien gefeiert wird. Es ist ein Familienfest und eine Mischung aus Weihnachten und Silvester. Es gibt ein paar Geschenke für die Kinder und es erklingt Feuerwerk den ganzen Tag. Die indische Feuerwerksmentalität ist der vietnamesischen sehr ähnlich und kommt der Geräuschkulisse eines Krieges sehr nah. Kriegsopfer würde an Diwali wohl der Schweiß von der Stirn tropfen. Ich habe das Gefühl, dass es hier keine Begrenzung für die Menge an Schwarzpulver gibt, die in einen Knallkörper gefüllt werden darf. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen was passiert, wenn Feuerwerksmanie auf sprengstoffartige Knaller trifft. Es ist auch ein wenig bedenklich wie gedankenlos sie mit den Knallern umgehen, da hauptsächlich Kinder, ohne ihre erwachsenen Pendants, ihrem Spieltrieb mit dem Sprengstoff fröhnen.

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