Friday 2 November 2007

Der Westen in Indien

Bangalore ist eine sehr cosmopolitische Stadt, die auf mich einen stark verwestlichten Eindruck hinterlaesst. Es ist eine sehr gruene Stadt mit breiten Strassen und Alleen. Als ich heute zu Roopa nach Hause fuhr, kam ich in einem sehr sauberen Wohnviertel an. Es stehen kleine Einfamilienhaeuser dicht an dicht angeordnet in einem Gitternetzmuster.
Roopa und ihre Familie waren ueberaus gastfreundlich und haben mich sofort mit einem suedindischen Fruehstueck empfangen.
Nachdem ihre Mutter und ihr Bruder zur Arbeit fuhren, sind Roopa und ich los, um Suedbangalore zu erkunden. Es war eine ganz andere Art Indien kennenzulernen, da Roopa mir ihr Altagsleben zeigte. Wir fuhren zu kleinen Maerkten und Strassen, in denen sie mir zu jedem Geschaeft etwas erzaehlte. Ich wurde regelrecht mit schoenen, witzigen und interessanten Aspekten ihres Lebens bombardiert und war geistig nach der Haelfte des Tages schon voellig fertig.
Roopa gehoert der Kaste der Brahmin (hoechste Kaste) an und bewegt sich somit in der hoeheren Mittelschicht. Ihre Familie hat Verbindungen zu halb Bangalore und als wir durch die Strassen liefen, zeigte sie auf Gebaeude, die von ihrem Cousin oder einem naeheren Verwandten entworfen wurden.
Wir unterhielten uns viel ueber England und ueber Indien. Beim Thema England teilten wir unsere Ansichten fast uebereinstimmend, aber beim Thema Indien zeigte sich eine ziemlich radikale Sichtweise ihrerseits. Roopa ist ein absolut liebenswerter, toleranter und mitfuehlender Mensch, aber da sie ihre Grundfeste durch den Islam und das Christentum gefaehrdet sieht, entwickelt sie eine regelrechte Wut gegen die Missionierungsaktivitaeten anderer Religionen.
Dies widerspricht sehr dem Bild vom toleranten Hinduismus, dass ich bisher entwickelt hatte.
Ein sehr interessantes, viel lustigeres und weniger geladenes Gespraechsthema waren ihre Heiratsbestrebungen. Sie wird theoretisch von ihren Eltern verheiratet, aber sucht sich im Endeffekt ihren Partner selbst aus. Es war sehr witzig, als sie mir die Heiratswebsite zeigte, die eigentlich mehr einer Singleboerse mit hoeheren Ambitionen entsprach. Neben dem Photo, Angaben zur Physiologie und einer charakterlichen Kurzbeschreibung, wurden auch Kriterien wie die Kaste angegeben, da Roopa z.B. nicht jemanden aus ihrer Unterkaste heiraten kann, da dieser theoretisch ihr Bruder sein koennte. Sie erzaehlte mir noch von einigen Treffen mit den Anwaertern und es waren dann fast keine grossen Unterschiede mehr zwischen der Verzweiflung in Europa einen passenden Partner und in Indien einen Partner zu finden.
Am Abend ass ich mit ihrer Familie ein typisch suedindisches Abendessen und wir sprachen noch ein bisschen mehr ueber ihre Heirat im Kreise der Familie. Die Ansichten der Mutter und Oma gehen da sehr weit auseinander. Der Oma macht es sehr viel Spass mit Roopa zu suchen, jedoch findet sie nur Barttraeger passend, die Roopa gar nicht ausstehen kann. Ihr Credo ist, dass wenn der Mann keinen Bart traegt, dann muss die Frau zwangslaeufig einen Bart tragen, da in einer Familie immer ein Barttraeger sein muss. Ist doch eine sehr schluessige und umwerfende Logik fuer die Partnerfindung ;-)! Auf jedenfall war es herrlich witzig mit ihnen darueber zu plauschen.
Nach dem sehr leckeren Essen spielte Roopa mir noch traditionelle indische Musik vor, die mich langsam in den Schlaf trug.

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