Friday 28 March 2008

Persönliches Vietnam

Ich sitze im dritten Stock des „Papa Joes Coffee“, schlürfe meinen vietnamesischen Kaffee mit süßer Kondensmilch und blicke auf den „Hoan Kiem“ See im Herzen Hanoi's. Neben mir sitzt ein vietnamesischer Designer, der in Photoshop einen Entwurf coloriert und sich gar nicht von der amerikanischen Soap aus dem hoch hängenden Fernseher stören lässt. Ich bin mit der ganzen Welt durch meinen drahtlosen Internetanschluss und meinem Laptop verbunden.
Ich höre bewusst und nehme jetzt das Hupkonzert wieder war, das ich normalerweise nicht mehr wahrnehme, weil es zu gewöhnlich geworden ist.
Nach fast 9 Jahren bin ich wieder nach Vietnam zurück gekehrt und sehe ein ganz anderes Vietnam, weil sich vordergründig, zum einen Vietnam sich stark geöffnet hat, sich auf den Tourismus eingestellt hat und zum anderen ich mich weiterentwickelt habe und einen anderen Blick auf Menschen, Familie und Land gewonnen habe. Sehr ausschlaggebend für das Begreifen Vietnams waren meine 6 Monate in Indien, in denen ich mich als Individuum emanzipieren konnte, weil ich auf viele verschiedene Leben und Sichtweisen traf, die mich wachsen ließen und mir Vertrauen, durch mich, in die Welt gaben.
Ich erfahre Vietnam auch intensiver, weil ich es selbst erkunde und mich nicht nur auf den Rahmen meiner Familie und meiner Herkunft verlasse. Ich kehre an viele Orte Ha Noi's zurück, bemerke die wechselnden Gesichter der Touristen und werde mir bewusst, dass ich hier lebe und nicht nur Station mache.
Ich fühle mich wohl, weil ich es hier schaffe meine Welt nach meinen Gedanken und Bedürfnissen zu gestalten, obwohl ich die familiäre Verantwortung spüre, die in der vietnamesischen Tradition das Leben des Einzelnen stark bestimmt. Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass nicht alles so verläuft, wie ich es mir wünsche, aber ich meine Sicht erweitert habe und mich in der Lage fühle flexibler auf Probleme und Hindernisse zu reagieren.
Vor Beginn meiner Reise beschäftigte mich die Frage der Heimat sehr stark, da ich in mir selbst sehr unsicher war und im Konzept Heimat meine Sicherheit suchte. Mit dem Fortschreiten meiner Reise und dem Fortschreiten meiner inneren Entwicklung geisterte diese Frage immer noch in meinem Kopf herum, aber löste sich im Vertrauen zu mir selbst. Ich fühle mich nur ein wenig komisch, wenn ich durch Länder Reise und die Menschen mich aus einer anderen Region der Welt wägen, weil sie durch mein Äußeres oder durch meine Sprache mich nicht einordnen können. Ein besonderer Mensch schrieb mir mal ein Zitat, was besagte: „Ich bin ich und du bist du“. Diese kurzen Worte spiegeln sehr schön mein Verhältnis zu Menschen und vor allem zu mir selbst wieder.

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